Jean-Pierre Jaccard
Einleitung
Es ist protokolliert: das Eidgenössische Nuklearinspektorat ENSI[1] hat sich geirrt, es müsste somit den gefährlichen Anschein der unfehlbaren Behörde nicht mehr pflegen. Die Geschichte, die zu dieser Einsicht führte, begann für mich mit der Lektüre eines Artikels über Brennelementschäden im Kernkraftwerk Leibstadt KKL vom 6. Oktober 2016 im Tagesanzeiger und endet mit der Genehmigung des Protokolls der Sitzung des technischen Forums Kernkraftwerke TFK vom 13. Dezember 2019. Die Kommunikation des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorates ENSI ist darauf angelegt, ihre Kontrollaufsicht über die Atomanlagen nicht nur in möglichst vorteilhaftem Licht erscheinen zu lassen, sondern auch darauf, ihre Entscheide als quasi unfehlbar darzustellen. Einer nüchternen, sachdienlichen Kommunikation fühlt sich das ENSI nur unter Druck verpflichtet. Diese Handlungsweise erklärt sich meines Erachtens dadurch, dass das Rollenverständnis des ENSI nicht darauf beruht, sich als Dienstleisterin gegenüber der Bevölkerung zu verstehen, sondern so wie es Herr Wanner, langjähriger Direktor des ENSI, am 24. Dezember 2014 formuliert hat:
[1] www.ensi.ch
Die Vorgabe von Herrn Wanner offenbart, wie weit das Selbstverständnis des ENSI von den Erwartungen der Bevölkerung entfernt ist. Das ENSI pflegt in erster Linie kritische, aber konstruktive Beziehungen zu den AKW-Betreibern und zu den Anspruchsgruppen in Politik (z.B. Parteien) und Gesellschaft (z.B. Wirtschaftsverbände, Nuklearforum etc.). Ob das ENSI Umweltverbände und atomkritische Organisationen ebenfalls als Anspruchsgruppen der Gesellschaft versteht, ist eher unwahrscheinlich. Im Falle der ENSI-Mahnwache[1] ist dies nachweislich nicht der Fall. Als gravierend erachte ich das Fehlen einer institutionell verankerten Beziehung zur von einem möglichen Unfall betroffenen Bevölkerung, welche für die Fehlentscheidungen des ENSI die volle Haftung tragen muss.
Am Beispiel der zahlreichen Kommunikationsschritte zur Behebung des Problems der Brennelementschäden im Kernkraftwerk Leibstadt, kann gezeigt werden, wie schwierig es für das ENSI ist, faktennah zu kommunizieren.
Beim Betrieb des KKL wurden ab 2014 Brennelementschäden festgestellt, die zur vorübergehenden Abschaltung des KKL führten. Das ENSI hat die Aufgabe, die Problemlösung zu überwachen und die Wiederinbetriebnahme zu genehmigen und zu kommunizieren. Es wird nachfolgend dokumentiert, welcher Aufwand betrieben werden musste, um zu erreichen, dass sich die ENSI-Leitung bei der Kommunikation der Problemlösung von der anfänglich gewollten Desinformation abwandte und zur Bestätigung durchrang, sie habe sich geirrt. Dies wird mit Dokumenten belegt, die grösstenteils auf der Webseite des ENSI abgelegt sind.
Wie heikel die Diskussion um das Rollenverständnis einer Behörde sein kann, habe ich beim Abfassen dieses Berichts feststellen müssen: Die Wikipedia-Definition von „Behörde“ wurde in der Zeit zwischen November 2017 und heute grundlegend verändert. Die ursprüngliche, und nachvollziehbare Definition lautet:
„Eine Behörde oder ein Amt ist eine staatliche Einrichtung, die im weitesten Sinn für die Erfüllung von gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben der Verwaltung des Staates und dabei insbesondere für Dienstleistungen des Staates gegenüber seinen Bürgern zuständig ist.“[2]
An den öffentlichen Sitzungen des Technischen Forums Kernkraftwerke TFK habe ich diese Definition schriftlich an alle Teilnehmer*innen verteilt.
Heute lautet die Definition folgendermassen:
Behörde […] ist eine öffentliche Stelle, die die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, die ihr aufgrund materieller Gesetze aufgegeben sind. Behörden können Tun, Dulden oder Unterlassen aufgeben […] oder Leistungen darbieten […] und sind das Organ der jeweiligen Körperschaft, für die sie eingerichtet ist.[3]
Es stellt sich mir die Frage, wer die Umdefinition bei Wikipedia initiiert haben könnte. Weitere Details zu diesem Thema finden sich im letzten Abschnitt „Das Rollenverständnis einer Behörde“ (Seite 7).
ENSI Meldung:
Brennelementschäden im Kernkraftwerk Leibstadt KKL als Dryout identifiziert
Ausgangslage
Medienzitat:
„Gemäss Medienberichten [Tagesanzeiger vom 6.10.2016] musste die Jahreshauptrevision des Kernkraftwerkes Leibstadt verlängert werden, weil bei Untersuchungen auf mehreren Brennstäben Oxidablagerungen entdeckt worden sind.“
Oder Zitat aus meiner ENSI-Anfrage vom 10. Februar 2017:
„Im Kernkraftwerk Leibstadt hat sich bei Inspektionen der Brennelemente gezeigt, dass während mehrerer Zyklen systematisch kritische Siedezustände – sogenannte Dryouts – aufgetreten sind.[4]
Diese Information konnte der ENSI-Homepage noch am 9. Februar 2017 entnommen werden, ist aber im August 2020 – aus verständlichen Gründen – dort nicht mehr auffindbar, denn diese Aussage trifft nicht mehr zu.
Im Rahmen der SRF Rundschau-Sendung vom 1. Februar 2017 gab das ENSI zudem bekannt, dass das KKL die Erlaubnis für die Wiederinbetriebnahme erhalten habe; dies obschon die Analyseresultate der Schadstellen an den Brennelementen durch das Paul Scherrer Instituts PSI noch nicht vorlagen.
Kritische Rückfragen und deren Bearbeitung durch das ENSI
Im Anschluss an diese Rundschau Meldung habe ich dem TFK am 10. Februar 2017 u.a. folgende Frage eingereicht[5]. Meine Fragen wurden vom ENSI als Frage 31 erfasst.
„Aufgrund welcher, technischer Kriterien kann das ENSI dem KKL erlauben, den Reaktor wieder in Betrieb zu setzen, obschon klar ist, dass es sich dabei um einen Testbetrieb handelt, der zur Abklärung der Ursachen der regelmässig aufgetretenen Dryouts dient?“
Die Qualifizierung „Versuchsreaktor“ konnte ich verwenden, da die räumliche Anordnung der Brennelemente im Reaktorbehälter als mögliche Ursache betrachtet wurde und ein abgeänderter „Brennelement-Design“ zu den Auflagen der Wiederinbetriebnahme gehörte.
Seit dem 16. Februar 2017 beschreibt das ENSI die Situation auf ihrer Webseite wie folgt:
„Das Kernkraftwerk Leibstadt darf nach einer verlängerten Jahreshauptrevision wieder den Leistungsbetrieb aufnehmen. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat die Ursachenabklärung und die daraus abgeleiteten Massnahmen zur Vermeidung kritischer Siedezustände (Dryouts) geprüft. Nachdem die Bedingungen, die zum Dryout geführt haben, identifiziert wurden, hat die Aufsichtsbehörde die Freigabe zum Wiederanfahren mit Auflagen erteilt.“ [6]
An der Sitzung des Technischen Forums Kernkraftwerke TFK vom 3. März 2017 formulierte ich meine Kritik folgendermassen: Wenn das KKL und das ENSI die Art der Brennelementanordnung im Reaktor als für die Schäden ursächlich vermuten und die Wiederinbetriebnahme an ein neues „Brennelement-Design“ knüpfen, um weitere Dryouts zu vermeiden, müsse das KKL als Versuchsreaktor bezeichnet werden, dies umso mehr, als das Phänomen „Dryout“ weltweit ausschliesslich im KKL Leibstadt beobachtet wurde. Somit sei es nicht zulässig zu behaupten, die Ursache der Dryouts sei identifiziert.
Des Weiteren sei unverständlich, weshalb das ENSI die Wiederinbetriebnahme des KKL bewilligte, bevor die Ergebnisse der Schadenanalyse des PSI vorgelegen hätten. Dieser Blindflug muss als Verstoss gegen das viel zitierte Entscheidungsprinzip „Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit“ beurteilt werden.
An der TFK-Sitzung vom 30. Juni 2017 bestand ich dann darauf, dass die Sachverhalte korrekt formuliert und nicht beschönigt werden dürften. Entsprechende Änderungsanträge zum Protokoll vom 3. März 2017 wurden teilweise angenommen. Was meine Aussage anbetrifft, die Ursachen der Dryouts dürften nicht als „identifiziert“ bezeichnet werden, entschied der Sitzungsleiter wie folgt:
Felix Altorfer fasst die Diskussion zusammen: Jean-Pierre Jaccard und Ralph Schulz sollen sich über die Formulierung der Antwort [der Frage 31] austauschen. Die angepasste Antwort könne anschliessend aufgeschaltet werden.[7]
Der daran anschliessende Mailverkehr mit Herrn Schulz wird nachfolgend (ausschnittweise) wiedergegeben:
Von: Jean-Pierre Jaccard [mailto:jean-pierre.jaccard@bluewin.ch]
Gesendet: Sonntag, 2. Juli 2017 14:03
An: Schulz Ralph
Cc: Heini Glauser; Guy Schrobiltgen; Markus Kühni; Epprecht Nils; Florian Kasser; Bernd Friebe
Betreff: Antwort auf Frage 31
Sehr geehrter Herr Schulz,
ich bin noch immer der Meinung, dass meine Kritik berechtigt ist,
dass es für das ENSI nicht zulässig ist zu behaupten, das ENSI und die Betreiber hätten die
Ursache der Dryouts „identifiziert“.
Sie selbst bestätigen meine Kritik auf der ENSI Homepage
indem Sie sich wie folgt äussern:
„So sind auch die detaillierten physikalischen Mechanismen, die im KKL zum Dryout
führten, noch nicht bekannt.“
Die Antwort von Herrn Schulz vom 3. Juli 2017 auf meine Intervention lautet wie folgt:
Sehr geehrter Herr Jaccard
Herr Schulz hat Ihre E-Mail erhalten und zur Kenntnis genommen. Er hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
Sie haben die unten aufgeführten Argumente bereits am vergangenen Freitag im Rahmen der TFK-Sitzung mündlich und schriftlich vorgetragen.
Die Haltung des ENSI dazu wurde Ihnen mündlich mitgeteilt. Beides wird im Protokoll vermerkt sein. Die Hoheit über die Antwort ist beim Antwortgeber. Die Antwort auf die Frage 31 wird in diesem Punkt aus den dargelegten Gründen nicht verändert. [Hervorhebung durch den Autor]
Wir bitten um Kenntnisnahme.
Freundliche Grüsse
Sebastian Hueber
Am 10. Januar 2018 wurde der Antworttext zur Frage 31 schlussendlich wie folgt abgeändert[8]:
„Gemäss der Richtlinie ENSI-G20 sind keine kritischen Siedezustände erlaubt. Der kritische Betriebsbereich [Anmerkung des Autors: nicht die Ursache] wurde durch zahlreiche Inspektionen identifiziert und wird vermieden“
Meldung ENSI:
Brennelementschäden im Kernkraftwerk Leibstadt KKL sind CRUDS
An der 19. TFK Sitzung vom 23. November 2018 war das Thema Brennelementschäden des KKL wiederum traktandiert, denn mittlerweile lagen die Ergebnisse der PSI Analyse des Schadens vor. Diese ergab, dass es sich um CRUD, eine Ablagerung verschiedener Metalle am Hüllrohr handelt (siehe dazu auch die TFK Frage 39 der Schweizerischen Energiestiftung SES und BUND[9]).
Meine Wortmeldung zu den abweichenden Befunden „Dryout“ versus „CRUD“ wurde wie folgt protokolliert:
„Jean-Pierre Jaccard bemerkt, dass das KKL vor einem Jahr eine ausführliche Präsentation hatte, die erklärt hat, wie es zu diesen Dryouts gekommen ist. Nun sei von CRUD die Rede. Dieser Widerspruch sei für ihn schwierig nachzuvollziehen. Für ihn sei unklar, weshalb sich die Experten derart täuschen konnten.“
Michael Kessler [Leiter KKL] sieht keinen Widerspruch, sondern einen Erkenntnisgewinn in einem komplexen Sachverhalt. Bei einem solchen Fall stelle man eine Hypothese auf, sammle dann Daten und versuche, die Hypothese zu erhärten. Die Untersuchungen im PSI seien sehr komplex gewesen und hätten deshalb diesen hohen Zeitaufwand erfordert. Das Vorgehen sei aber immer konservativ gewesen.“ [10]
An der 20. TFK-Sitzung vom 22. März 2019 kam das Thema Brennelementschäden des KKL unter Traktandum 6 „Verabschiedung der Antwort der Frage 34 zur Schadenanalyse Brennelement KKL aus dem Jahr 2014 (KKL)“ erneut zur Sprache. Die Antworten des ENSI zur Fehldiagnose fielen sowohl mündlich wie auch schriftlich ernüchternd aus:
„Das KKL informierte das ENSI über den neuesten Sachstand zur Ursachenklärung.
Als gesichert gelten folgende Erkenntnisse:
- Dass sich die Datenbasis aus den Inspektionen der Brennelemente als repräsentativ erwiesen hat
- Dass es sich um CRUD und nicht um Oxidation handelt
- Dass es sich nicht um ein systematisches Dry-Out-Phänomen handelt
- Dass die ergriffenen Massnahmen wirksam sind
Aus den gesicherten Erkenntnissen wurden Hypothesen zur Ursache erstellt, die durch die bisherigen Untersuchungen bestätigt werden.“[11]
Die Nachfragen der kritisch eingestellten TFK-Teilnehmer waren entsprechend intensiv und zahlreich, deren Inhalt wurde jedoch nicht protokolliert, wie aus dem Protokoll Entwurf vom 22. März 2019[12] hervorgeht.
6 Verabschiedung der Antwort der Frage 34 zur Schadenanalyse Brennelement KKL aus dem Jahr 2014 (KKL)
Für Bernd Friebe ergeben sich aus der Antwort zur Frage 34 einige Nachfragen. Andreas Schefer lädt ihn ein, diese als neue TFK-Fragen einzureichen. Nach Möglichkeit werden Nachfragen auf Antworten im jeweils nächsten TFK beantwortet, dies könne aber nicht garantiert werden. Ralph Schulz ergänzt, dass das KKL bereits im Juni im Revisionsstillstand sein werde.
Die Fragesteller, die Energiestiftung und Vertreter Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, erachten seine Frage zur Schadensanalyse Brennelement KKL aus dem Jahr 2014 als beantwortet. Die schriftliche Antwort kann auf der ENSI-Webseite aufgeschaltet werden.
Mein nicht nachlassendes Insistieren, das ENSI habe vorgängig darauf beharrt, es hätte mit der Schadenanalyse „Dryout“ die Schadenursache „identifiziert“ wurde protokollarisch nicht festgehalten.
Dementsprechend verlangte ich, im Rahmen der Protokollvernehmlassung, die folgende Ergänzung:
„Jean-Pierre Jaccard möchte Klarheit darüber, weshalb nach der Analyse der Brennelementschäden durch das PSI neu als gesichert gelte, dass „es sich um CRUD und nicht um Oxidation handelt“ (Antwort KKL auf Frage 34 Version 22. März 2019), dies nachdem das ENSI darauf bestand, es hätte bei der Erteilung der Wiederinbetriebnahmebewilligung (Februar 2017) die Ursachen der Schäden eindeutig als Dryout identifiziert. In der Antwort auf die Frage 31 schrieb das ENSI: „Nachdem die Bedingungen, die zum Dryout geführt haben, identifiziert wurden, hat die Aufsichtsbehörde die Freigabe zum Wiederanfahren mit Auflagen erteilt“ (Version 3. März 2019). Ralph Schulz stellt die rhetorische Frage, ob er formell bestätigen müsse, das ENSI habe sich Im Februar 2017 geirrt.“
Dieser Änderungsantrag wurde vom ENSI nicht akzeptiert, worauf ich eine gekürzte Version einreichte:
„Jean-Pierre Jaccard will wissen, weshalb die Analyse „CRUD“ zutreffender sein sollte, als die Analyse „Dryout“, dies nachdem das ENSI darauf bestand, der Befund „Dryout“ sei zweifelsfrei identifiziert worden und womit das ENSI die Bewilligung für die Wiederinbetriebnahme des Reaktors begründete. Dies warf implizit die Frage auf, ob sich das ENSI geirrt habe.“
Die 21. TFK-Sitzung fand am 13. September 2019 statt. Traktandiert war die Verabschiedung des Protokolls der 20. Sitzung vom 22. März 2019. Da meine Änderungsanträge keinen Eingang ins Protokoll fanden, stellte ich den Antrag, das Protokoll nicht zu genehmigen. Dies führte zum folgenden Protokolleintrag:
6. Verabschiedung des bereinigten Protokolls vom 22. März 2019
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verabschieden das bereinigte Protokoll der 20. Sitzung des Technischen Forums Kernkraftwerke vom 22. März 2019 nicht, da keine Einigkeit über den Detailierungsgrad der Protokollführung besteht. Es blieb insbesondere offen, inwieweit die Änderungswünsche von Jean-Pierre Jaccard berücksichtigt werden sollen. Andreas Schefer wird die betroffene Aussage im Protokoll der 20. Sitzung mit Jean-Pierre Jaccard klären. Die Verabschiedung des Protokolls wird auf die 22. TFK-Sitzung vertagt“[13]
Das Gespräch mit Herrn Dr. A. Schefer, Leiter Direktionsstab ENSI, und Frau G. Knobel, stellvertretende Leitung der Sektion Kommunikation, fand am 2. Oktober 2019 statt. Das Ergebnis dieses Gesprächs habe ich zuhanden meiner Mitstreiter wie folgt zusammengefasst:
Von: Jean-Pierre Jaccard jean-pierre.jaccard@bluewin.ch
Betreff: Protokoll 20. TFK-Sitzung vom 22. März 2019 mit ENSI bereinigt
Datum: 5. Oktober 2019 um 20:18
An: […]
Liebe Mitstreiter,
am 2. Oktober 2019 hat das Gespräch über die Protokolländerungen zu den Punkten 3 und 6 stattgefunden und zwar mit Herrn Schefer und Frau Knobel, offenbar Chefprotokollantin im ENSI-Stab.
Sie unterbreitete die beigelegten Änderungsvorschläge [leider nicht mehr eruierbar].
Frau Knobel beharrte – unter der Drohung den Passus zu streichen – darauf, ich hätte die Frage nach dem Irrtum aufgeworfen, obschon diese unbestrittenermassen von Schulz gestellt wurde.
Ich habe mich dem Diktat des ENSI […] unterworfen, da es mir ein Anliegen ist, dass der ENSI-Fehlentscheid dokumentiert ist.
Des Weiteren habe ich die Gelegenheit genutzt, um folgende Aussagen zu deponieren und dies ausdrücklich im Hinblick auf die Nach-Wanner-Aera:
- Ich persönlich betrachte das ENSI grundsätzlich als meinen Verbündeten.
- Denn konzeptionell ist das ENSI die Vertrauensstelle der Bevölkerung (ohne Überwachungsbehörde wäre das KEG nicht angenommen worden).
- Mit der Energiestrategie 2050 muss das ENSI den Ermessensspielraum zugunsten der Bevölkerung nutzen.
Frage Schefer: Welcher Bevölkerung? Antwort: Der Mehrheit der Aussteiger !!! - Das „Atomzeitalter“ ist geprägt von menschlichem Versagen mit katastrophalen Folgen (Zustimmung seitens Herrn Schefer)!
Aus obigem folgt m.E.: Mehr Demut und Bescheidenheit würde der Branche gut anstehen.
Zudem habe ich beanstandet, dass Herr Wanner nach der Wiederinbetriebnahme des RDB behauptet habe, „Beznau“ sei sicher, obschon sich diese Aussage nur auf den RDB von Beznau 1 beziehen konnte, denn es sei offensichtlich, dass Beznau vor Flugzeugabstürzen nicht geschützt werden könne, wie die Geheimhaltung beweise.
Einwand Frau Knobel: Wir können doch nicht Terroristen unterstützen.
Mein Gegenargument: Mit der Aussage, es könne nicht verhindert werden, dass beim Anflug auf Kloten ein Pilot ein Rechtskurve fliege (wie dies die Simulationen von Max Tobler zeigten), habe man Terroristen noch keinen einzigen Hinweis gegeben, der über das hinaus gehe, was schon alle wüssten.
In Zukunft würde ich vom ENSI erwarten, dass (quantitative) Hinweise auf die relative Sicherheit von alternden Reaktoren gemacht würden, zusammen mit dem ständig zu wiederholenden Zusatz, das Restrisiko trage die Bevölkerung.
Ich denke, letzteres müsste die zukünftige Strategie der AKW-GegnerInnen gegenüber dem neuen ENSI-Direktor werden.
Mit den besten Grüssen
Jean-Pierre
An der 22. TFK-Sitzung vom 13. Dezember 2019 habe ich der Genehmigung des Protokolls der 20. Sitzung mit der nachfolgenden Formulierung zugestimmt, obschon es den Sachverhalt nicht korrekt wiedergibt [14].
6 Verabschiedung der Antwort der Frage 34 zur Schadenanalyse Brennelement KKL aus dem Jahr 2014 (KKL)
Jean-Pierre Jaccard will wissen, weshalb die Analyse «CRUD» zutreffender sein sollte, als die Analyse «Dryout», zumal das ENSI darauf bestanden habe, der Befund «Dryout» sei zweifelsfrei identifiziert worden und damit die Bewilligung für die Wiederinbetriebnahme des Reaktors begründete. Dies werfe die Frage auf, ob sich das ENSI geirrt habe. Auch für Bernd Friebe ergeben sich aus der Antwort zur Frage 34 einige Nachfragen. Andreas Schefer lädt ihn ein, diese als neue TFK-Fragen einzureichen. Nach Möglichkeit werden Nachfragen auf Antworten im jeweils nächsten TFK beantwortet, dies könne aber nicht garantiert werden. Ralph Schulz ergänzt, dass das KKL bereits im Juni im Revisionsstillstand sein werde.
Da mir diese nicht sachgerechte Protokollierung widerstrebte, griff ich das Thema Fehlerkultur und redlicher Sprachgebrauch unter Traktandum Varia an der 22. TFK Sitzung nochmals auf. Dies führte zum nachfolgenden Protokolleintrag .
9 Varia
Jean-Pierre Jaccard stösst eine Diskussion zum Thema Fehlerkultur an.
Im Protokoll der 20. TFK-Sitzung stehe nun: «Dies werfe die Frage auf, ob sich das ENSI geirrt habe.» Aus seiner Sicht habe sich das ENSI tatsächlich geirrt.
Georg Schwarz und Ralph Schulz bestätigen, dass sich das ENSI im fraglichen Fall tatsächlich geirrt habe. Die ergriffenen Massnahmen seien aber stets sicherheitsgerichtet gewesen, da vom schlimmsten Fall ausgegangen wurde.
Es ist erfreulich, dass sich die Leitung des ENSI dazu durchringen konnte, ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Es ist zu hoffen, dass diese in die weitere Berichterstattung des ENSI Eingang finden wird.
An der 23. TFK Sitzung vom 11. September 2020 wird diese Version des Protokolls der 20. TFK-Sitzung wohl einstimmig genehmigt werden. Nachtrag vom 5. März 2021: Das Protokoll der 20. TFK-Sitzung wurde an der 23. TFK-Sitzung kommentarlos genehmigt.
[1] https://www.mahnwacheensi.ch
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Beh%C3%B6rde vom 28. November 2017
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Beh%C3%B6rde vom 15. August 2020
[4] Frage 31 https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/wiederinbetriebnahme-kkl-nach-dryouts
[5] Frage 31 https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/wiederinbetriebnahme-kkl-nach-dryouts
[6] Home » Artikel » ENSI erteilt Kernkraftwerk Leibstadt Freigabe zum Wiederanfahren unter Auflagen. Erstpublikation 16.2.2017, letztmals abgerufen am 8.8.2020
[7] https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2018/06/Protokoll_zur_16._Sitzung_des_Technischen_Forums_Kernkraftwerke.pdf
[8] Home » Technisches Forum » Wiederinbetriebnahme KKL nach Dryouts
[9] https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/crud-ablagerungen-an-kkl-brennelementen/
[10] https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2019/04/Protokoll_zur_19._Sitzung_des_Technischen_Forums_Kernkraftwerke.pdf
[11] Home » Technisches Forum » Schadenanalyse Brennelement KKL aus dem Jahr 2014
[12] Diese docx-Version habe ich am 18. April 2019 auf meinem PC abgespeichert.
[13] https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2019/04/Protokoll_zur_19._Sitzung_des_Technischen_Forums_Kernkraftwerke.pdf
[14] https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2019/12/Protokoll_zur_20._Sitzung_des_Technischen_Forums_Kernkraftwerke.pdf
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