Am Ende des Jahres 2015 schrieb die französische Nuklearfirma bei einem Umsatz von 8 Milliarden Euros einen Verlust von 4 Milliarden. Nun wird die im Jahr 2001 aus der Fusion von Cogéma und Framatom geschaffene Firma aufgeteilt:
- NewCo, oder die “neue Areva”[2] spezialisiert sich im Bereich des Kernbrennstoffs, von der Mine bis zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle und dem Rückbau der stillgelegten Reaktoren. Zum Start erhält die Firma ein Betriebskapital von 3 Milliarden Euro in die Wiege geschüttet. Japanisches und chinesisches Kapital soll an dieser Aktion teilnehmen. Auch die verbleibende AREVA ist dabei, aber in schwacher Position. Die Kasakische Firma Kazatomprom, welche wohl am schlecht verlaufenden Abenteuer von AREVA in Kasachstan nicht ganz unbeteiligt war, wird nicht als Aktionär aufgenommen.
- Die “alte” AREVA dient als Auffanggesellschaft für die verbleibenden Aktivitäten im Zusammenhang mit dem in Verzug geratenen Projekt zum Bau eines EPR Reaktors in Olkiluoto (Finland). Die Firma ist mit 7 Milliarden verschuldet. Sie soll durch den Staat Frankreich mit 2 Milliarden Euro rekapitalisiert werden.
Von den 5 Milliarden für die Kapitalisierung von NewCo und die Rekapitalisierung der verbleibenden AREVA sollen 4 Milliarden durch den Staat eingeschossen werden. 5’000 Arbeitsplätze werden weltweit verloren gehen.
Das „grosse Geschäft“, d.h. der Bau und Unterhalt von Reaktoren, soll ab 2017-2018 durch EDF (Electricité de France, die staatliche Elektrizitätsgesellschaft) übernommen werden.
Die Produktion von Atom getriebenen Motoren für Unterseeboote und jene von Messinstrumenten gehen ebenfalls weg von AREVA.
Interessant ist diese ganze Restrukturierung auch deshalb, weil die in letzter Zeit kritisierte „Forge de Creusot“, welche die in Belgien (Thiange), Frankreich und der Schweiz (Beznau 1) eingesetzten Reaktordruckgefässe und Dampferzeuger mit schadhaftem Stahl geschmiedet hat, an EDF übergehen soll[3]. Vorher will allerdings AREVA durch eine kritische Durchsicht aller Produktionsprotokolle Klarheit über das Ausmass des möglichen Schadens schaffen; ausgehend von 400 Dossiers wurden nun noch mehr kritische Fälle gefunden.
EDF wandelt sich mit dieser Restrukturierung von einer Elektrizitätsgesellschaft zum wichtigsten Reaktorbauer Europas, oder gar weltweit. Die Firma betreibt heute 58 kommerzielle Reaktoren in Frankreich und über einen Ableger 8 Reaktoren in Grossbritanien. Hier (in Hinkley Point) soll sie auch zwei neue EPR’s bauen und vorfinanzieren. Allerdings hatte EDF Ende 2015 eine netto Verschuldung von 37.4 Milliarden Euro[4], was angesichts des alternden AKW-Parks und der neuen Verpflichtungen nichts Gutes verspricht.
Wie die vorgeschlagene neue Struktur funktionieren wird, auch ob!, ist schwer vorhersehbar. Offensichtlich sollen die AREVA-Verluste durch den Staat getragen werden (Frankreichs Staatsverschuldung Ende 2015: 2’112 Milliarden Euros); möglicherweise verschwindet die Gesellschaft nachher ganz? NewCo soll selbsttragend mit einem um die Hälfte reduzierten Umsatz weiter im Geschäft bleiben. Weit werden die eingeschossenen 3 Milliarden Kapital nicht reichen. Ausserdem: Das Reaktorgeschäft bei einer Elektrizitätsgesellschaft unter zu bringen ist ein gewagtes Unterfangen, denn was hier offensichtlich in den vergangenen Jahren fehlte, das war v.a. Fachkompetenz im Reaktorbau. EDF hat als Stromverkäufer die Möglichkeit, Geld bei seinen Kunden „einzutreiben“. Aber die heute schon bestehende Nettoverschuldung weist darauf hin, dass das Unternehmen mit diesem Unterfangen schon in den vergangenen Jahren nicht zurecht kam und Atomstrom unter dem Gestehungspreis verhökerte.
Und schlussendlich ein Wink an unsere Leser: Falls Sie in dieser Geschichte irgendwelche Ähnlichkeiten mit der Situation von AXPO und ALPIQ entdeckt haben sollten, so ist dies sicher reiner Zufall! Oder etwa nicht?
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