Aufsichtsbericht 2016 zur nuklearen Sicherheit in den schweizerischen Kernanlagen
ENSI, Juni 2017
Ende Juni publiziert das ENSI seinen „Aufsichtsbericht zur nuklearen Sicherheit in den schweizerischen Kernanlagen“. Hier ein erster Eindruck zu diesem Jahresrückblick.
So gelesen (S.4): “Das Aufsichtsjahr 2016 war für die Schweizer Kernenergiebranche ein spezielles Jahr. Während fast fünf Monaten standen zwei Reaktoren gleichzeitig still. Der lange Stillstand war nicht etwa Ausdruck von Unsicherheit, sondern ist Beleg dafür, dass das Schweizer System funktioniert: Kernkraftwerke dürfen nur betrieben werden, wenn sie die Sicherheitsanforderungen des Gesetzgebers erfüllen und dies auch nachweisen können.”
Und dies gedacht: Seit wann beurteilen Behörden die Leistung ihrer eigenen Arbeit gleich selbst? Insbesondere dann, wenn dahinter keine Qualitätssicherung im eigentlichen Sinne einer unabhängigen Zweit- oder Drittmeinung besteht? Wir haben die Einschätzung des ENSI-Direktors Hans Wanner in Erinnerung (siehe Kästchen 1). Man lege also das Beurteilungssystem selber fest, gewinne die Deutungshoheit über die Sprache, beurteile danach und siehe da: schon ist Sicherheit hergestellt. Dank den Verwischungstechniken moderner PR-Methoden, die heute von praktisch sämtlichen Informationsdienststellen von Konzernen und staatlichen Institutionen angewendet werden: Erstens, nur positive Meldungen in die Welt setzen, und gibt es Negatives zu berichten, tritt zweitens Regel eins in Kraft!
Als Anschauungsbeispiele dienen auch die Meldungen des ENSI zu Leibstadt und Beznau:
Leibstadt: Die Aussage im Aufsichtsbericht 2016 des ENSI ist schwer aufrecht zu erhalten. Wir erinnern namentlich an unsern Beitrag vom 27. Februar 2017: „Blinde Kuh: 8 Jahre KKL-Betrieb unter INES-Störfall-Bedingungen“. Sowie die Aussage auf www.ensi.ch “Ein Störfall ist ein Ereignis, bei dem eine Anlage vom bestimmungsgemässen Betrieb abweicht und ihre Sicherheit beeinträchtigt wird.“
Beznau: In der Frage der Versprödung des Reaktorgefässes geht es u.a. um einen Fabrikationsfehler, welcher erst 47 Jahre nach Inbetriebnahme des Werkes entdeckt wurde. Während all diesen Jahren war also die Reaktorsicherheit auf einem niedrigeren, als dem allgemein zugesicherten Sicherheitsniveau. Dass keine ernste Folgen aus diesem Manko entstanden sind, heisst noch lange nicht, dass das Sicherheitssystem funktioniert.
Einmal mehr zeigt der Aufsichtsbericht des ENSI, dass Information und Desinformation sehr nahe bei einander liegen und dass Techniken der „Information“ und der Informationssteuerung von essentieller Bedeutung für den Verkauf des Produktes „Sicherheit“ sind. Vorworte werden ja besonders intensiv und häufig gelesen und sind daher speziell auf diese Form der „Informationsübermittlung“ getrimmt. Die Techniken verfeinern sich in der Tradition der Spin-Doktoren wie Edward Bernays zusehends. Aber sie bleiben lesbar, wie jede Manipulationstechnik überhaupt, wenn man sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken. Wir werden uns zu gegebener Zeit speziell diesen Fragen der Manipulation zuwenden. Doch schliessen wir zunächst noch unsere Beiträge zur Reform des schweizerischen Entsorgungssystems ab.
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