Wir leben von den Ressourcen die uns die Natur zur Verfügung stellt. Nach der letzten Eiszeit verwendeten die ersten Bewohner die unser Land vor ca. 13’000 Jahren fest besiedelten Holz zum Hüttenbau und als Energieressource, sie tranken Wasser, pflückten Beeren und Früchte aus der reichen Pflanzenwelt (man spricht heute viel von Biodiversität) und jagten das Grosswild. Auch ihr Lebensraum (Territorium) war eine unabdingbare Ressource. Mit dem Übergang zum Landanbau gesellte sich der landwirtschaftliche Boden hinzu. Minenressourcen erlaubten den Übergang zur Bronze- und später zur Eisenzeit. Die Industrierevolution des 19. Jahrhunderts beruhte zu einem Großteil auf der Nutzung effizienterer Energieressourcen, namentlich der Wasserkraft, der Stein- und der Braunkohle. Das 20. Jahrhundert war jenes der hemmungslosen Ausbeutung der Kohlenwasserstoffe (Erdgas und Erdöl, sowie Weiterverwendung von Kohle), sowie von Uran.
Heute fahren wir mit dem Raubbau der erschöpfbaren, in nützlicher Zeit nicht erneuerbaren Ressourcen weiter. Gleichzeitig werden erneuerbare Energieressourcen wie Sonne, Wind und Wasser entwickelt, bzw. weiter genutzt. Die moderne Industrie verwendet neue Minenressourcen, z.B. sogenannte seltene Erden. Landwirtschaftsboden wird weltweit zu einem gesuchten Gut und der Wert des Wassers nimmt vielerorts ständig zu. Gleichzeitig steigt die Nutzung des Territoriums durch Besiedlung und Infrastrukturen, sodass wir vermehrt in den geologischen Untergrund ausweichen: Verkehrswege (z.B. Projekt Swissmetro), Kommunikationslinien, Transportleitungen, etc. werden unterirdisch geplant und gebaut. Konventionelle und chemische Abfälle werden in ehemaligen Minen, Gruben und Steinbrüchen deponiert.
So kommt es, dass die langfristige Lagerung von radioaktiven Abfällen im tiefen geologischen Untergrund zu Konflikten mit andern Nutzungen führen muss. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle Rohstoffe, so selten sie sind und so tief sie auch liegen mögen, an Wert zulegen und irgendwann einmal in der Zukunft auch wirklich ausgebeutet werden: sei dies in wenigen Jahren, innerhalb der kommenden Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende. Dies können weder Napoleonische Regale noch moderne Gesetze verhindern.
Im Umfeld eines geologischen Tiefenlagers mit radioaktiven Abfällen kann sich das Risiko für Mensch und Umwelt bei der Nutzung von Naturressourcen erhöhen. Dabei können mindestens drei Szenarien unterschieden werden:
- Das Wirtsgestein selbst, in dem das Abfalllager liegt, wird als Rohstoff abgebaut. Dieser Fall wird etwa für Abfalllager in Salzstöcken (z.B. in Gorleben in Deutschland) diskutiert. Für den Opalinuston, der sich unter dem ganzen Nordteil der Schweiz, von Konstanz bis Genf erstreckt, scheint die Frage weniger wichtig, da offensichtlich nicht von Seltenheit gesprochen werden kann und vergleichbare Gesteine in Hülle und Fülle an und nahe der Erdoberfläche vorkommen.
- Die Ressource liegt über dem Lager für radioaktive Abfälle. Bei ihrer Nutzung wird die geologische Schutzschicht über dem Lager geschwächt. Dies kann etwa den Abbau von Steinen und Erden zur Gewinnung von Baustoffen (z.B. für eine Zementfabrik) betreffen. Denkbar ist auch eine Schwächung durch den Bau von Tunnels oder die Nutzung der Erdwärme mit Erdsonden, welche die Grundwasserverhältnisse, also den Durchfluss von Grundwasser verändern können.
- Am kniffligsten ist der Fall, wo Rohstoffe, Wasser- und Energieressourcen unterhalb des nuklearen Abfalllagers liegen. Oft sind diese Vorkommen noch nicht im Detail bekannt und ihr Nutzungspotential daher noch schwer einzuschätzen. Hingegen wissen wir meist schon heute, welches die Folgen einer Nutzung wären und mit welcher Art von Einfluss auf das geologische Tiefenlager gerechnet werden müsste.
Diesen Fragen werden wir in den kommenden Blogs für die durch die Nagra vorgeschlagenen Standorte Weinland und Bözberg, und zur Ergänzung auch für den Standort im Norden der Lägern eingehen.
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