Zusammenfassende Einleitung
Walter Wildi und ich haben vor vier Jahren in einem vielbeachteten Artikel zur Entsorgungsgeschichte von Sonderabfällen, der im französischem Fachjournal «Sciences & Pseudo-Sciences» erschien,[1] die Essenz der Untertageentsorgung von Abfällen und insbesondere von Sonderabfällen nachgezeichnet. Der Gang in die Tiefe war nicht etwa als Ausdruck einer vernunftgeleiteten Erkenntnis zu verstehen, sondern entsprang gerade nur der Einsicht, dass direkt betroffene Bürger die zunehmenden Verschmutzungen des Grundwassers durch oberflächennahe Sondermülldeponien einfach nicht mehr hinnehmen würden. Der Protest der Zivilgesellschaft gegen skandalöse Entsorgungspraktiken war damit nicht mehr zu übersehen und zu umgehen. Damit mussten Behörden und Abfallverursacher umdenken und umdisponieren, und sie einigten sich im Laufe der Jahre darauf, altgediente Salzbergwerke als sogenannt sichere Ewigkeitsgräber für Sonderabfall einzurichten und zu betreiben.[2] Allerdings wurden die Abfälle weder entgiftet noch in eine schwer lösliche Form überführt – das historisch ererbte Prinzip – das Wegkippen von Sonderabfall – wurde weiterbetrieben, einfach in einem tieferen Stockwerk der Erde. Heute wird ein namhafter Teil der europäischen Sonderabfälle in deutsche Untertagedeponien und Versatzbergwerke unter Tage entsorgt. Tief im Gestein scheinen die Sonderabfälle weit weg von den Alltagssorgen der Menschen. Darüber, was später allenfalls noch folgen könnte, zerbricht man sich heute den Kopf nicht besonders. «Irgendwohin muss das Zeugs einfach hin», äusserte sich der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann im November 2011 in Zusammenhang mit der Entsorgung radioaktiver Abfälle.[3] Und so nimmt ein Grossteil der Gesellschaft diese Entwicklung bestenfalls mit Achselzucken zur Kenntnis.
Auch Frankreich folgte Ende des letzten Jahrzehntes diesem Pfad. Im Elsass nördlich von Mulhouse wurde die Untertagedeponie (UTD) Stocamine für diese Art von Sondermüll nach den Prinzipien der UTD Herfa-Neurode (Hessen) eingerichtet, welche Sonderabfälle seit 1972 in ihre tiefliegenden Salzkammern aufnimmt. Die Versprechen der französischen Promotoren waren gross, ja direkt hinreissend: das Lager sei vorbildlich konzipiert, absolut sicher, die Kontrollen gewährleistet, und vor allem seien die Abfälle rückholbar und die finanziellen Rückstellungen gesichert.
Dreieinhalb Jahre nach Betriebsaufnahme kam es dann zum Seilriss: ein Brand frisch eingelagerter Abfälle im September 2002 offenbarte, dass illegale und brennbare «Asbest»-Abfälle den Weg in die Tiefe gefunden hatten. Und damit begann eine Geschichte, bei der die zuständigen Behörden und Betreiber mit aller Entschlossenheit versuchten, die ursprünglich gemachten Versprechungen zur Bergung der gefährlichen Abfälle kaltschnäuzig wegzuwischen. Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen und wären keine begründeten Zweifel aufgekommen, dass schwerwiegende Manipulationen stattgefunden hätten, so wäre das Endlager inzwischen versiegelt worden. Jedoch blieben diese Zweifel zunehmend bestehen. Heute besteht der begründete Verdacht, dass illegale, ja sogar kriminelle Machenschaften und Handlungen bei der Führung des Unternehmens und der Abfalleinlagerung eine Rolle gespielt haben könnten.
Es ist nämlich erwiesen, dass organische Sonderabfälle in namhaften Mengen illegal – also verbotenerweise – unter bewusster Verletzung der Eingangskontrollen in Stocamine eingelagert wurden. Schlimmer noch: es wird zunehmend sichtbar, dass dieses Vorgehen System hatte und die zuständigen Behörden nicht einschritten. Der Fall Stocamine ist gravierend. Er zeigt auf, dass es – wie auch in der Finanzbranche – immer wieder Schlupflöcher gibt, welche von den zuständigen Betreibern schamlos ausgenutzt werden. Es zeigt aber auch, dass die Administrationen und Ministerien bei der Kontrolle, Überprüfung und Übernahme eines solchen Falls überfordert sind und möglicherweise auch heute noch nicht begriffen haben, welchen politischen Sprengstoff dieses Dossier birgt.
Der vorliegende Artikel zeichnet die Geschichte der Manipulationen bei der illegalen Einlagerung der Sonderabfälle in Stocamine nach und zeigt die Mechanismen auf, die bei diesen Operationen eingesetzt wurden. Er kommt zum Schluss, dass es Zeit ist, eine unabhängige Justiz einzusetzen, die nicht nur das Personal der diversen in diesen Machenschaften involvierten Betriebe unter Eid vernimmt. Es braucht auch eine Untersuchung des «corpus delicti», der im Untergrund noch eingelagerten Abfälle. Die Beweise für die Manipulationen sind nämlich zugänglich und liegen im Untergrund – man braucht sie nur zu heben.
Einleitung
Vor rund einem Jahr, am 22. Januar 2021, veröffentlichten wir auf unserem Blog www.nuclearwaste.info einen Beitrag zur Untertagedeponie (UTD) Stocamine in Wittelsheim (bei Mulhouse, F), [1]. Wir warfen dabei die Frage auf, weshalb die mit diesem Fall beauftragten französischen Behörden sich seit 20 Jahre dagegenstemmen, die zwischen 1999 und 2002 in der Untertagedeponie eingelagerten Abfälle zu bergen, wie dies in den ursprünglichen Bewilligungsunterlagen vorgesehen war. Vorgeschoben wird seit über einem Dutzend Jahren, dass die bergmännischen Risiken im Salzbergwerk so gross seien, dass die ursprünglich vorhergesehenen Bergungsarbeiten – die sogenannte «Reversibilität» – zu gefährlich seien.
Die systematische Abwehr gegenüber der vollständigen Auslagerung der Abfälle dürfte aber ganz andere Gründe haben. Schon am zweiten Tag der Eröffnung der UTD, am 11. Februar 2011, wurden erstmals Abfallchargen im Bergwerk deponiert, die nicht eingelagert hätten werden dürfen [2]. Es folgten regelmässig weitere Pannen bei der Abfallannahme, sowie Fehleinlagerungen, die zeigten, dass die Eingangskontrolle nicht korrekt funktionierte. Es lag darum schon immer nahe zu vermuten, dass ein grundlegendes Betriebsproblem vorlagt und Stocamine bewusst und in grossem Stil verbotene Abfälle angenommen und deponiert hatte. Statt die zunehmend aufkommenden Widersprüche und Zweifel zu überprüfen, stellten sich die zuständigen Behörden jedoch vor den Betreiber des maroden Bergwerks und versuchen nun, die definitive Schliessung des Bergwerks zu beschleunigen. Damit steht die Frage natürlich im Raum: Warum denn diese Eile? Und: Müsste nicht ein richterliches Eingreifen dafür sorgen, dass die seit Jahr und Tag bekannten Missstände endlich untersucht werden?
1 … Ja: Warum denn?
«Es muss also einen Grund dafür geben, dass etwas Grundlegendes verschwiegen wird», schrieben wir am Ende unseres Blog-Beitrages im Januar 2021. «Die naheliegendste Erklärung für dieses merkwürdige und nicht nachvollziehbare Verhalten ist, dass während der Betriebszeit von Stocamine sehr viel mehr falsch deklarierte Abfälle den Weg in die Tiefe gefunden haben, als angegeben und eine grössere Anzahl von Institutionen in diesen Fall impliziert sind.» Der Bericht der Expertenkommission ‘Comité de Pilotage’ (Copil), die das Projekt zwischen Herbst 2010 und Juni 2011 überprüfte, stellte fest, «dass zwischen Juni 1999 und August 2002 ‘20 Zufuhren von Abfällen, die ca. 250 Tonnen entsprachen’, zurückgewiesen wurden, weil sie den Annahmekriterien (Entgasung, Radioaktivität, Größe und Verpackung der Gebinde) nicht entsprachen.[3] Etwa die Gebinde, die am 22. Juni, 18. August und 30. November 1999 bei der Eingangskontrolle entdeckt wurden, weil sie zu hohe Radioaktivität anzeigten.[4] Woher stammten die radioaktiven Stoffe in diesen RauchgasreinigungsRückständen? Aus der Medizin, also den Spitälern? Warum wurde die Herkunft der Radioaktivität nicht abgeklärt? Die Regelmässigkeit der Zurückweisungen im Jahre 1999 zeigt jedenfalls, dass es sich um hier wiederkehrende Ereignisse handelte, also um Zulieferungen, die sich regelmässig wiederholten.»
Aber es wurden auch weitere Abfälle eingelagert, die nachträglich und mit zum Teil grossem Aufwand wieder geborgen werden mussten. Darunter waren auch Gebinde, die der Präfekt mit Verfügung vom 10. Juli 2000 wiederauslagern liess. Der Bericht des Copil erwähnt, dass die 173 Abfallgebinde aus Block 11, die im Zeitraum 2001-2002 geborgen wurden, PCB-Öle enthielten.[5, 6] Diverse Fehlchargen waren am 11. Februar 1999 – kurz nach der Eröffnung von Stocamine – angeliefert worden, sowie am 5. Juli 1999 und am 21. Januar 2000.[2]
«Die Aufeinanderfolge dieser Vorfälle wirft unweigerlich Fragen über die Zuverlässigkeit von Stocamines Systems der Eingangskontrollen auf. Der Brand im September 2002 beweist, wie sehr diese Eingangsprozedur vorsätzlich umgangen wurde. Die anschließende gerichtliche Untersuchung bestätigte diesen Regelverstoß und führte schliesslich zu einer Verurteilung der Geschäftsführung. Auch in diesem Falle lässt sich das Wiederholungsmuster erkennen und auch diesem Fall stellen sich ähnliche Fragen. 173 PCB-haltige Gebinde waren unerkannt eingelagert worden? Über einen Zeitraum von fast 1 Jahr! Alle untergebracht in Block 11. Was bewog den Präfekten, diese Wiederauslagerung zu verlangen? Ein halbes Jahr nach der Lieferung der letzten Fehlcharge? Es sind verstörende Fragen, die bisher keine befriedigende Antwort erhalten haben, aber erklären könnten, warum Stocamine und der französische Staat und seine Ministerien und Experten sich so systematisch gegen die Bergung der Abfälle positionieren.»
«Und es gibt Hinweise, dass sehr viel mehr undeklarierte – also nicht konforme – Abfälle unten eingelagert wurden, als offiziell zugegeben. Ein Zeuge erklärte einem den beiden Blogautoren (MB), dass sich auch Kanister mit industriellen oder gewerblichen Ölen und Fetten finden liessen, genauso wie medizinische Abfälle, darunter Spritzen und OP-Besteck. Die falsch deklarierten Abfallgebinde seien zahlreich (vielleicht bis um die 20% der Gebinde). Und noch ein weiterer Umstand weist ganz klar darauf hin, dass Beobachter möglichst unerwünscht waren: Wie bereits erwähnt, forderte Stocamine den eigens dazu bestellten Begleitausschuss nicht auf, die Bergungsarbeiten zu überwachen. Die Geschäftsführung lehnte externe Kontrolle stets ab. Die regelmässig beschworene Transparenz wurde nie wirklich in die Praxis umgesetzt. Dies könnten die Trägheit der Behörden und die Blockierung der Bergungsarbeiten seit 2002 erklären. Rechtfertigt diese Haltung aber die Ausgabe von fast einer halben Milliarde Euro an öffentlichen Geldern? Dies aber abzuklären ist nicht mehr ein Fall für Geologen und andere Experten, sondern in erster Linie ein Fall für die Justiz.» Damit wären wir beim eigentlichen Problem angelangt: die Möglichkeit einer systematisch betriebenen illegalen Einlagerung von Abfällen, unter Duldung dieser Praktiken oder der nachträglichen Deckung derselben durch die zuständigen Regierungsstellen, Behörden und Expertengremien.
2 Das Abfallinventar einer UTD: was hinein durfte und was nicht
Die Einlagerung von Sonderabfällen in Untertagedeponien in ausgedienten oder zusätzlich aufgefahrenen Salzbergwerken ist durch nationale Gesetze und EU-Richtlinien klar reglementiert. Bei den für diese Beseitigungsschiene zugelassenen Abfällen handelt sich ausschliesslich um Abfälle, die keiner weiteren Behandlung mehr zugeführt werden können und die aus diesem Grunde in einem Endlager im tiefen geologischen Untergrund deponiert werden müssen. Um sogenannten «ultimate waste» oder «déchets ultimes»[4], also um Reststoffe oder Endlagerabfälle, die nicht weiterbehandelt werden können. Der Erlass des Präfekten des «Haut-Rhin» vom 3. Februar 1997 ist diesbezüglich glasklar: «Es ist verboten, im Rahmen des Vorabgenehmigungsverfahrens nicht-ultimativen Abfall anzunehmen.» Dann folgen, wie auch bei anderen Untertagedeponien in Deutschland, Annahme- und Ausschlusslisten [8, Art. 11]. Bei der sogenannten Positivliste sind die Abfallklassen aufgeführt und ihre Kompatibilität, zusammen in den gleichen Lagerstollen deponiert zu werden (Tabelle 1):
Bezeichnung | Kompatibilitätsgruppe | |
1 2 | Härtesalze, cyanidhaltig, neutrale Härtesalze | A |
3 | Arsenhaltiger Abfall | B |
4 | Chromhaltige Schlämme | C |
5 6 | Quecksilberhaltige Abfälle Kontaminierte Böden, verunreinigte Rückstände | B |
7 | Elektroschrott | D |
8 | Galvanikabfälle, Filtrationsrückstände | C |
9 10 | Verbrennungsrückstände Nicht-organische Pflanzenschutzmittel | B |
11 12 | Gebrauchte Katalysatoren Laborabfälle | D |
13 | Asbestabfälle | B |
Tabelle 1: Positivliste von Abfällen, die in Stocamine eingelagert werden durften [7, p. 15.suivantes», 8, art. 11].
Auf der Negativliste der Genehmigung des Präfekten figurieren [8, p. 58]:
- «Radioaktive Abfälle im Sinne des Dekrets Nr. 66-450 vom 20. Juni 1966 abgeändert gemäss den allgemeinen Grundsätzen des Strahlenschutzes
- Biologische Giftstoffe
- Flüchtige (organische) Stoffe
- Entflammbare oder explosive Produkte/Stoffe
- Gasförmige und flüssige Produkte
- Volumenmässig instabile Produkte
- Abfälle aus Sammlungen in Form von undefinierbaren Gemischen
- Produkte, die heftig mit Wasser reagieren und die entflammbare oder explosive Stoffe oder Gase bilden
- Produkte, die mit Steinsalz reagieren und die entflammbare oder explosive Stoffe oder Gase bilden
- Thermisch instabile Produkte
- Produkte mit oxidierendem Charakter oder Oxidanten die mit Steinsalz reagieren können
Diese Eigenschaften müssen unter den Lagerbedingungen überprüft werden.»
Die Aufzählung ist also klar – Grauzonen darum nur schwerlich zu begründen. Im Erlass des Präfekten vom 3. Februar 1997 ist nicht nur die Einlagerung von flüssigen und infektiösen Abfällen verboten, es werden auch Mischabfälle mit undefiniertem Inhalt explizit ausgeschlossen.
Man fragt sich, warum unter diesen Voraussetzungen in grossen Mengen falsch deklarierte – und falsch etikettierte – Gebinde in den Untergrund gelangten bzw. warum toxische bzw. potentiell ansteckende biologische Abfälle aus der Medizin, sowie flüssige Öle und viskose Fette Eingang in die UTD fanden. Gerade die Präsenz der von der Firma Solupack angelieferten Mischabfälle mit undefinierbarem Inhalten, auf die der Brand vom September 2002 zurückgeht, hätten alle Alarmglocken läuten lassen müssen. Noch merkwürdiger und unfassbarer ist, dass die Betreiber, wie die dahinterstehenden Regierungsstellen alles unternommen haben, um die Zweifel an einem solchen Szenario zu zerstreuen und mögliche Manipulationen bei der Einlagerung zu zerreden. Die Folgerungen, die man daraus ziehen kann, liegen auf der Hand: Alles deutet auf betrügerische Machenschaften hin.
3 Der Eingangsprozess und dessen Schwachstellen
Die Eingangsprozedur, also die Art und Weise wie, und die Bedingungen, unter welchen die Abfälle unter welchen Kontrollschritten in die Untertagedeponie versenkt wurden, sind diversen Schriften der Projektanten wie auch neueren Presseartikeln zu entnehmen [7; 9]. Sie erhielten sie durch die Genehmigungsschrift des Präfekten von 1997 Rechtskraft. Zentral in diesem Prozess ist die im Erlass des Präfekten eingeforderte Transparenz, die in Art 8 wie folgt umschrieben wird: « … alle Dokumente sowie die in Artikel 13 und 20.2 vorgesehenen Register über die Annahme und Zurückweisung von Abfällen werden für die von der lokalen Informations- und Aufsichtskommission (CLIS) beauftragten Personen bereitgehalten. Gemäß den in Artikel 3.1 des Gesetzes Nr. 76-633 vom 15. Juli 1975 vorgesehenen Modalitäten können diese CLIS-Mitglieder den Standort während der Arbeitszeiten in Begleitung eines Vertreters des Betreibers besichtigen». Hinzu kommen die Bestimmungen zu ausserordentlichen unangemeldeten Kontrollen, die zwischen dem Betreiber der Anlage und eines unabhängigen Organismus in einer Convention unter Beizug des Inspektors für klassifizierte Anlagen (Inspecteur des Installations Classées) definiert werden müssen, wie dies in Art. 9 der Genehmigung von 1997 festgehalten ist.
In Artikel 13 der Genehmigung vom 3. Februar 1997 sind vier Schritte festgelegt, welchen Stocamine bei der Annahme und Kontrolle der Abfälle zwingend zu folgen hat [8, p. X.suiv., Kästchen 1]: Eine Massnahmenpalette zur Identifikation der Abfälle (erster Schritt), ein Zertifizierungsprozess bei dem geprüft wurde, ob bei Abfällen und Verpackung alles mit rechten Dingen zu- und herging, ein Kontroll- und Nachweisprozess sowie eine finale Prozedur für die Annahme oder Zurückweisung der angelieferten Abfälle.
Kästchen 1: Die Phasen des Annahmeverfahrens gemäss dem Erlass des Präfekten vom 3. Februar 1997 Es unterscheidet vier Phasen in der Annahmeprozedur 1. Phase (Art. 13.2): Identifikationsakte eine detaillierte Beschreibung des abfallerzeugenden Ereignisseseinen Nachweis, dass es sich um einen ultimativen Abfall handelt, mit dem überprüft werden kann, ob es sich um «Abfall handelt, der unter den technischen und wirtschaftlichen Bedingungen zum Zeitpunkt der Annahme nicht behandelt werden kann». Bei importierten Abfällen ist eine Stellungnahme der zuständigen Behörde erforderlich, welche «die Aufsicht über die erzeugende Anlage» durchführen kann.die Test- und Analyseergebnisse, u.a. zur Überprüfung des einen oder anderen der Ausschlusskriterien, die den Abfall betreffen können, und insgesamt zur Überprüfung seiner Kompatibilität (Tabelle 1) bzw. zur Bestimmung oder Festlegung geeigneter Behandlungen oder Verpackungen. Es heißt, dass «der Abfallerzeuger Stocamine jede Änderung der Abfalleigenschaft melden muss». Wenn der Abfallerzeuger die Abfälle nicht direkt an Stocamine abgibt, liegt dies natürlich in der Verantwortlichkeit des Abfallabnehmers, in diesem Fall bei Tredi bzw. Séché Environnement. 2. Phase: Zertifizierung der technischen Akzeptanz durch den Standortbetreiber «Nach Überprüfung und Kontrolle der vom Erzeuger in seinen Unterlagen zur Identifizierung gemachten Angaben, stellt Stocamine bei Übereinstimmung einen Nachweis über die technische Annahme des Abfalls aus», der ein Jahr lang gültig ist und enthalten muss: Die vom Erzeuger oder vom Abfall-Konditionierer vor der Konditionierung durchzuführenden KontrollenDie geeignete VerpackungDie Schnelltests, die bei der Ankunft des Abfalls durchzuführen sind, sowie die Modalitäten für die Anlieferung auf dem GeländeDie Umsetzung einer von Stocamine und dem Abfallerzeuger definierten Qualitätssicherung, die Stocamine ermächtigt, beim Erzeuger und Konditionierer den korrekten Ablauf und die Behandlung des Abfalls zu kontrollieren und zu überprüfen. Es wird klargestellt, dass die Verantwortung für die Konditionierung beim spezialisierten Erzeuger oder Konditionierer liegt, was zugleich bedeutet, dass das Konditionierungsunternehmen als rechtlich verantwortlich für die in seinem Besitz befindlichen Vorgänge angesehen wird. 3. Phase: Vom Betreiber in der Anlage durchzuführende Kontrollen Der Ablauf der Kontrollen durch Stocamine umfasst: Überprüfung der Abgabe- und Transportbescheinigungen gemäss der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und AnnahmezertifikatÜberprüfung der angelieferten Fracht, insbesondere Anzahl Gebinde, Gewicht, Einhaltung der Konditionierungsmodalitäten (Verpackung), Konformität der Transportbedingungen, Kompatibilitätsabklärungen (Tabelle 1) Radioaktivitätskontrollen an jedem GebindeStatistische Kontrollen gemäss dem definierten Annahmezertifikat (Entgasung, Aussehen, interne Verpackung) Doppelprobenahme zur Analyse der Konformität des Anlieferungsprotokolls und als Rückstellungsprobe (sogenannte «Musterbibliothek der angelieferten Abfälle» «…ein Teil der Kontrollen kann von Stocamine oder einer von ihr beauftragten Stelle beim Abfallerzeuger oder Konditionierer durchgeführt werden». 4. Phase: Zurückweisung oder Annahme der angelieferten Abfälle In dieser 4. Phase wird Zurückweisung oder Annahme der Abfälle behandelt: und zwar aufgeteilt nach Fällen, etwa: 1. Fall: Wird bei den Eingangskontrollen eine Nichtkonformität festgestellt, wird die gesamte Fuhr zurückgewiesen bei sofortiger Information der übergeordneten Behörde «Inspektion der klassifizierten Anlagen»2. Fall: die Kontrolle bestätigt die Konformität des Zertifikats und die Fuhr kann eingelagert werden 3. Fall: im Nachgang an die Einlagerung zeigen Analysen der getätigten Proben die Nicht-Konformität mit den Annahme-Kriterien, womit die gesamte eingelagerte Fuhr zurückgeholt werden muss Die Umsetzung dieser Massnahmen sollte die Nachvollziehbarkeit des Einlagerungsprozesses und damit die Kenntnis des genau eingelagerten Inventars ermöglichen. |
In diesem Kontext stellen sich also nun zwei grundlegende Fragen: die Erste betrifft mögliche Schwachstellen bei der Formulierung des Einlagerungs- und Kontrollprozesses, welche Schlupflöcher bei der Einlagerung und Unterlassungen bei der Kontrolle ermöglicht haben könnten; die Zweite, inwieweit die ansonsten klar formulierten Auflagen der Genehmigung des Projektes bei der Annahme der Abfälle bzw. der Eingangskontrolle bewusst unterlaufen und verletzt wurden. Beide Fragen sind zentral, denn die rechtlichen wie politischen Implikationen bei einer möglichen Unterlassung von Kontrollpflichten, respektive einer Verletzung und Übertretung der klar formulierten Auflagen des präfektoralen Erlasses, sind in diesem Fall dramatisch. Sollte sich – wie sich zunehmend abzeichnet – tatsächlich erweisen, dass falsch deklarierte Abfälle bewusst eingelagert, der Betreiber der Anlage und einzelne Zulieferer aktiv betrogen haben und von informierten Institutionen und Personen innerhalb von Administrationen und Regierungskreisen gedeckt worden sind, ist ein grösseres politisches Erdbeben wahrscheinlich. Viel schlimmer als dieses sind jedoch die Auswirkungen auf die laufenden Projekte der Abfallwirtschaft, toxische und langlebige Abfälle in den Untergrund einzulagern. Dies gilt in erster Linie für das Projekt der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Bure [24].
Wenn wir nun diesen Fragen nachgehen, fällt insbesondere auf:
- In erster Linie die mangelnde Transparenz im gesamten Verfahren, die allen Bestimmungen der Genehmigung widerspricht (siehe weiter oben). Besonders stossend ist der Fakt, dass die in Zusammenhang mit den Auslagerungsarbeiten für Quecksilber- und Arsen-haltige Abfälle zwischen 2014 und 2017 [6, p. 37.suiv.] eingesetzte «Commission de suivi» (Begleitkommission) nicht befugt war, direkt vor Ort die Arbeiten zu besichtigen und in diesem Sinne zu kontrollieren. In der Genehmigung des Präfekten war auch von unangekündigten Sonderkontrollen durch eine autorisierte Stelle die Rede (siehe weiter oben). Damit verstiess Stocamine eindeutig gegen den Erlass des Präfekten, die der Begleitkommission – als Nachfolgekommission der CLIS – die Möglichkeit zu Besichtigungen und damit zur Kontrollen einräumte. Ebenso wenig hatten die Mitglieder der CLIS Zugang zu dem Register über die Annahme und Zurückweisung von Abfällen.
- Dann fällt auf, dass regelmässig Abfälle eingelagert wurden, die nicht in das bewilligte Abfallinventar gehörten [3, p. 44.suiv.; 4, avant-propos; 10, p. 2]. Bewiesen sind:
- Die Einlagerung von 47 t PCB-haltigen Ölen, und zwar über eine Zeitdauer von 1 Jahr [3, p.45]! Diese Information wurde am 27. Juni 2001 via Begleitkommission CLIS bekannt. Damit ist erwiesen, dass verbotene Abfälle die Eingangskontrollen (Negativliste Kapitel 2 und Kästchen 1) mehrfach passieren konnten. Stocamine schritt aber nicht ein und die beanstandeten Abfälle wurden erst bei Bekanntwerden der Unregelmässigkeiten wieder ausgelagert [11; 4, p. 7].
- Infolge dieses Vorfalls intervenierte der Präfekt, und diese Intervention förderte kurioserweise weitere illegal eingelagerte Abfälle zu Tage, und zwar solche, die seit dem zweiten Betriebstag (11.Februar 1999) eingelagert worden waren! Es handelte sich laut Unterlagen des Präfekten um Destillationsrückstände der Schweizer Firma Clariant, die ebenfalls nie in den Untergrund hätten verbracht werden dürfen. Stocamine verlangte eine Ausnahmegenehmigung, um die Abfälle im Untergrund zu belassen, da diese bereits tief im Inneren der Lagerkammern standen. Diese Ausnahmegenehmigung wurde nicht erteilt. Stocamine brauchte siebeneinhalb Monate – und nicht 5 Tage, wie vom Präfekten verfügt [12], um die verbotenerweise eingelagerten Abfälle schließlich wieder auszulagern [4, p. 7].
- Mehrfach belegt sind auch Zurückweisungen von Gebinden, die Radioaktivität über den zugelassenen Grenzwerten anzeigten, und zwar am 22. Juni, am 18. August und am 30.November 1999 [3, p. 44, 48]. Woher die Radioaktivität stammte, wer diese Abfälle angeliefert hatte, ob diese Abfälle mit der Radiomedizin von Spitälern zusammenhing, welchen möglichen Klassen von eingeäscherten Spitalabfällen dabei im Spiel waren, ob ein Zusammenhang zwischen der Rekonzentration radioaktiver Stoffe in einem Sondermüllofen und den im Abfall befindlichen Radionukliden bestand usw., wurde von den zuständigen Behörden nicht untersucht oder zumindest nicht bekannt gegeben. Mit Blick auf die illegal eingelagerten Abfälle mit Spritzen, Chirurgenbesteck und Operationsabfällen, die während den Sanierungsarbeiten zwischen 2014 und 2017 zum Vorschein kamen, müsste eine solche Frage zwingend beantwortet werden.
- Eine wesentliche Schwachstelle im Einlagerungsprozedere und ein potentiell gravierendes Schlupfloch ist die Probenahme an der Oberfläche der Gebinde, die keineswegs ausschliesst, dass verbotene Abfälle die Eingangskontrolle unerkannt passieren konnten. Es besteht ein massiver Widerspruch zwischen den Zeugenaussagen bezüglich den eingelagerten Medizinabfällen und den eingelagerten Ölen und Fetten und dem ausgewiesenen Inventar.
- Hinzu kommt, dass die angelieferten Asbestabfälle nicht geöffnet wurden, unter dem Vorwand der Gefährlichkeit derselben. Aber es waren gerade diese teils bestialisch stinkenden Asbest-Mischabfälle, welche den Grubenbrand vom September 2002 auslösten [3, 4, p.23]. Ein grosser Teil der angelieferten Abfälle der Firma Solupack SA in Saint‐Pierre les Corps (Indre‐et‐Loire) war auf Anordnung des Direktors von Stocamine eingelagert worden. Ein kleiner Teil verblieb oben. Nach dem Brand im Untergrund liess die Aufsichtsbehörde DRIRE sechs der 13 noch im Eingangsbereich zwischengelagerten Big‐bags öffnen und die Heterogenität der Abfallgemische protokollieren [13, p. 6].
Dieser Brandfall wurde nie vollständig aufgeklärt, insbesondere die Rolle des Zulieferers – die Firma Séché Environnement. Wusste die Firma, dass z. T. bestialisch stinkende und nicht einlagerungskonforme Mischabfälle nach Stocamine gefahren worden waren? Wer war für die Qualitätskontrolle dieser Fracht zuständig? Hätten diese Abfälle überhaupt durch halb Frankreich transportiert werden dürfen? Und dann die Schlüsselfrage: War dies ein Einzelereignis oder war es eine wiederholt ausgeführte Praxis? Warum wurde dieses Szenario nicht untersucht? Eine Aufarbeitung dieses potentiell möglichen Szenarios «illegal eingelagerte Abfälle» unter der falschen Etikettierung «Asbest-Abfall» wurde jedenfalls durch die verantwortlichen Institutionen nicht vorgenommen (siehe Kapitel 4).
Eigenartig ist in diesem Zusammenhang darum auch die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters in Zusammenhang mit der Bergung der Quecksilber- und Arsenhaltigen Abfälle zwischen 2014 und 2017 [9]: «Die Lagerung von Asbest war billig. Die industriellen Anlieferer mussten 650 bis 1300 Francs» (ca. 100 bis 200 €) «für eine Tonne bezahlen. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Quecksilberabfall wurde für 4 bis 6000 Francs» (ca. 610 bis 915 €) «entsorgt. Als das Quecksilber ausgelagert wurde, wurden auch Asbestsäcke bewegt. Warum wurden sie nicht gleich mit ausgelagert? Ich forderte, dass diese Abfälle zu diesem Zeitpunkt getestet werden sollten, aber das Management lehnte dies ab.» Auch diese Aussage lässt aufhorchen: Warum wurden diese Abfälle nicht kontrolliert bzw. nicht wie die Quecksilber-haltigen Abfälle in das Abfall-Bergwerk in Sondershausen (Thüringen) verbracht [25], statt die sehr viel arbeitsintensivere und damit teurere Wiedereinlagerung in den Stollen der eigenen Anlage in Stocamine zu favorisieren?
- Und schliesslich ist darauf zu verweisen, dass die Gründe, weshalb diese Unregelmässigkeiten und Übertretungen schliesslich ans Licht kamen, von den zuständigen Stellen und Behörden nie grundsätzlich aufgenommen, analysiert und offengelegt wurden. Dabei handelt es sich eindeutig um potentielle gravierende Verstösse gegenüber Art. 13.2 der Annahmeprozedur (Kästchen 1). Weder Stocamine noch die Aufsicht DRIRE/DREAL noch später die unterschiedlichen eingesetzten Experten-Kommissionen und Gutachter haben die Geschichte dieser illegal eingebrachten Abfälle je umfassend aufgearbeitet. Ebenso wenig stellten Aufsicht, Ministerien und Experten die Frage, ob diese Abfälle nicht nur die Spitze eines Eisbergs darstellten und viel grössere Mengen an Abfällen illegal eingelagert worden seien. Erst die durch Zeugen bestätigten illegal eingelagerten Abfälle zeigen, dass hier ein grundlegendes Problem beim ehemaligen Betreiber vorliegt.
Werden die Bestimmungen der Eingangskontrolle und der Qualitätssicherung im Erlass des Präfekten von 1997 betrachtet, fällt auf, dass 1) die Bestimmungen des Erlasses mehrfach und in eklatanter Weise verletzt worden sind und 2) nicht nur der Betreiber des Endlagers – also Stocamine – in den Konditionierungs-, Kontroll- und Einlagerungsprozess eingebunden war (z.B. Kästchen 1, Phase 2), sondern eben auch die Mitaktionäre von Stocamine: Sprich die staatliche Firma Tredi und ab Sommer 2002 nach deren Übernahme auch die Firma Séché Environnement [14, 15]. Dies führt uns also zur Frage, wie das Betreiberkonstrukt organisiert war und wer schliesslich für die Bereitstellung – und damit den Inhalt – der eingelagerten Abfälle zuständig war.
4 Organisationskonstrukt und was sich dahinter verbirgt
Um das Funktionskonstrukt – das sogenannte «Mecano» – des oben aufgeworfenen Prozesses nachzuvollziehen, wird ein kurzer Blick auf die Strukturen geworfen. Zu Beginn steht die 1967 erfolgte Schaffung der Entreprise Chimique et Minière (EMC) durch ein Dekret der Regierung, welche staatliche Bergbau- und Chemiefirmen unter ein Dach brachte. Dieses Dekret fusionierte nämlich die vor Ort wirkende Bergbaugesellschaft, die Mines Domaniales de Potasse d’Alsace, und das Office National Industriel de l’Azote (ONIA)[5]. Im selben Jahr, im Dezember 1967, rief die neu gegründete EMC ihrerseits eine neue Gesellschaft ins Leben: die Mines de Potasse d’Alsace (MDPA), deren Kapital sie zu 100% halten sollte [6, p. 12]. «Das Kapital der MDPA war seinerseits vollständig im Besitz der öffentlichen Industrie- und Handelseinrichtung EMC», hält der Untersuchungs-Bericht der Assemblée Nationale von 2018 fest [6, p. 57]. Zugleich unterhielt EMC für die Abfallbehandlung und Entsorgung die Abteilung EMC-Services, die sie 1995 in das wiederum staatliche Abfallbehandlungs- und Entsorgungsunternehmen «Tredi – Récupération et Traitement des Déchets Industriels» – überführte [16]. Tredi blieb bis 2004 eine Filiale von EMC [6, p. 14]. EMC wirkte für die diversen Unternehmen der Gruppe als Holding [17].
EMC bzw. seine Filialen Tredi und MDPA hatten das Projekt Stocamine ursprünglich angestossen [6, p. 14]. Zweifelslos spielten dabei auch Überlegungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei der niedergehenden Bergbauindustrie eine Rolle. Genauso gewichtig war aber auch die Aussicht, mit geringen Investitionen einen Standort für die Eliminierung der lästigen Sonderabfälle Frankreichs zu erhalten. Auf diese Weise waren ja auch andere Gruben zu Untertagedeponien für chemo-toxische Sonderabfälle in Deutschland und in der Schweiz umfunktioniert worden [18]. Stocamine hatte drei, in gleichem Umfang beteiligte Aktionäre, die eigentlich zur selben Holding gehörten: die Holding EMC selber und die Tochterunternehmen MDPA und Tredi, mit ihren inzwischen fünf Sitzen in Hombourg bei Mulhouse und Strasbourg, in St-Vulbas (Ain) [sowie in Salaise-sur-Sanne und Izeaux (Isère,] Figur 1)[6]. Gerade die Nähe der beiden elsässischen Sitze von Hombourg und Strasbourg machten Stocamine zu einem äusserst interessanten Endlagerprojekt.
Figur 1: Unternehmensstruktur nach [19, 20 ]
Ab 1999 zog sich EMC schrittweise aus dem Abfallgeschäft zurück. «Die Entreprise Minière et Chimique (EMC) bereitet ihren Rückzug aus einem anderen Sektor vor, nämlich der Verarbeitung von Industrieabfällen. Nachdem das Wirtschafts- und Finanzministerium grünes Licht gegeben hatte, kündigte der staatliche Chemiekonzern gestern den Verkauf von 30 % des Kapitals seiner Tochtergesellschaft Tredi an die Private-Equity-Gesellschaft Apax Partners und Altamir & Cie an, ein von Apax gegründetes Unternehmen, das am Neuen Markt notiert ist», weiss die grosse französische Finanzzeitung ‚Les Échos‘ zu berichten [21]. Und setzte fort, dass EMC aufgrund ihres Auftrags, die für 2004 geplante Schliessung der elsässischen Kalibergwerke sicherzustellen und zu finanzieren, sich ausser Stande sähe, die weitere Entwicklung von Tredi zu unterstützen [21]. Damit war der eigentliche Verkauf von Tredi an Privatinvestoren vorprogrammiert.
Im April 2002 wurde dann bekannt, dass die private Gruppe Séché Environnement, welche zu dieser Zeit in das globale Abfallgeschäft drängte, bereit war, die Anteile der staatlichen Tredi zu übernehmen und damit Aktionär von Stocamine zu werden [22]. Damit übernahm eine private Gesellschaft via ihrer neuen Tochtergesellschaft Tredi auch teilweise die Zulieferung von Abfällen in Stocamine. Eingangskontrollen und Einlagerungspraktiken änderten sich durch diese Übernahme jedoch nicht. So erstaunt es nicht, dass Séché Environnement im September 2002 jene Asbest-haltigen Mischabfälle der Firma Solupack lieferte, die den Brand in Stocamine auslösen und das Ende von Stocamine einläuten sollten. Interessant ist diesbezüglich die Feststellung des Berichtes der Assemblée Nationale von 2018, dass Séché Environnement – trotz Warnungen über die Nicht-Konformität der Konditionierung dieser Abfälle am 6. September 2002 – weiterhin solche Abfälle bis zum 9. September lieferte [6, p. 26-27]!
Der Vorfall um die Brand-auslösenden Abfälle von Solupack wirft natürlich ein besonders schlechtes Licht auf einen der damaligen Hautaktionäre von Stocamine : Séché Environnement. Dessen Rolle bei der Konditionierung und Zulieferung von Asbestabfällen bleibt ungeklärt. Auch stellt sich die Frage, ob diese Praxis bereits vorgängig bestand und bereits von Tredi eingeführt wurde. Schaut man nämlich die Abfallstatistiken der angenommenen Sonderabfälle an, so fällt das überproportionale Wachstum von 2 Sonderabfallgruppen auf: den Rauchgasreinigungsrückständen und den Asbestabfällen, wie dies auch in Stocamines Jahresbericht 2000 nachzulesen ist: «RGRR: Ein großer Teil des Aktivitätszuwachses 2001 beruht auf den Märkten GEREP[7] und SIVOM[8] aus dem Raum Mulhouse. Die Entwicklung in den folgenden Jahren kann nur mit einer eigenen Absacklösung für Stocamine erfolgen, die ein ernsthaftes Genehmigungsproblem darstellt.» Bei den Asbestabfällen vermerkt der Bericht: «Stocamine ist eine interessante Lösung für Asbestsanierer, aber das Produkt verursacht aufgrund seiner Dichte und/oder der Verpackungen zahlreiche Handhabungsprobleme. Der derzeitige Marktpreis ist niedrig, aber eine Änderung der Vorschriften, die derzeit geprüft wird, könnte die Auflagen für CET1» (Sonderabfalldeponien Klasse 1)« erhöhen und Stocamine zu einer Alternative zu INERTAM machen.» [9] [28, p. 3] Auch das Problem der «Aktivitätspiks» wird in Zusammenhang mit den verschmutzten Erden aufgeworfen, und auch hier wird eine rasch zu findende «interne Konditionierungslösung» für die regionalen Märkte vorgeschlagen [28, p. 3].
Abfallmengen und Entwicklung von einzelnen Abfallgruppen sind der Figur 2 und der Tabelle 1 zu entnehmen. Das Wachstum der in diesem Zusammenhang interessierenden Gruppen – Rauchgasreinigungsrückstände und Asbestabfälle – entwickelte sich vor allem ab den 2 oder sogar 3 Betriebsjahr. Die Zahlen sind leicht unterschiedlich, je nachdem welche Quelle konsultiert wird.
Figur 2: Total der eingelagerten Abfallmengen [30, p. 33] 1999 2000 2001 2002 Total Total Abfälle (t) 5’839 12’252 15’934 10’139 a 44’164 Asbest (t) 387 464 1’653 800 -1’500 a , b 3’300 – 4’000 b [4, p. 22; 30, 33] Rückstände aus der Verbrennung (t) 1’270 5’475⁄ 7’350 5’611 a, c 19’706 – 20’713 c
Tabelle 1 1: Zwischen 1999 und dem dritten Halbjahr 2002 eingelagerter Abfall. Es gibt gewisse Unschärfen in den Daten, darum werden Bandbreiten angegeben.
a die ersten drei Semester bis zum Brand am 9./10. September 2002 [29]
b, c Bandbreite der Grenzwerte (Minimum, Maximum), berechnet nach [4, 30]
Laut [30] wurden 3’797 t Asbestabfälle und 20’713 t Rückstände aus der Verbrennung eingelagert. Bei den Asbestabfällen erfolgte keine Eingangskontrolle: «Um die Asbestverpackungen (Gruppe E13) dicht zu halten, werden bei der Ankunft der Chargen keine Proben entnommen» [31, p. 11]. Konkret heisst dies, dass die Einlagerung ausschliesslich auf der Deklaration auf den Begleitscheinen erfolgte, mit katastrophalen Folgen, wie das Beispiel des Brandes vom 9/10. September 2002 zeigt. Die rund 20’000 t Rauchgasrückstände wurden – wie alle anderen Abfälle – beprobt, und zwar jede Fuhr. Allerdings wurden die Fuhren oberflächlich beprobt, was eine Kontrolle des Inhalts der Big-bags de facto nicht ermöglichte.
Wie die zwischen 2014 und 2017 erfolgten Bergungsarbeiten laut Zeugenaussagen aber offenbar zeigen, befinden sich unter den rund 20% der geplatzten Gebinde Spitalabfälle respektive Abfälle mit Kanistern mit Ölen und Fetten. Die Einlagerung solcher Abfälle war streng reglementiert und damit verboten.
Es bestehen also grundlegende Zweifel an der Rechtmässigkeit der Einlagerung eines bestimmten Anteils an Sonderabfällen. Diese Zweifel werden dadurch gestützt, dass die Eingangskontrolle bei Rückständen aus der Verbrennung mehrfach Überschreitungen der Radioaktivitäts-Grenzwerte feststellte, die innerhalb einer Zwischenlagerung vor Ort von 48 Stunden (Stehzeit) soweit zurückgingen, dass diese Gebinde eingelagert werden konnten. Dies spricht klar dafür, dass es sich um kurzlebige radioaktive Stoffe aus der Medizin handeln muss (z.B. Radiopharmaka in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie, wie etwa Iod I-131 [t1/2= 8d], Phosphor 32 [t1/2= 14,3d], Rubidium Rb-86 [t1/2= 18.6d], Samarium Sm-153 [t1/2= 46h]). Und dieser Fakt stützt natürlich die Möglichkeit, dass Spitalabfälle mit Operationsbestecken, Verbänden und Spritzen tatsächlich unverbrannt eingelagert wurden.
Es gibt eine zweite Abfallquelle, die bisher nicht Gegenstand der Arbeiten um Stocamine waren: es handelt sich um die Bergwerksabfälle der Kaliminen. Aus der Erfahrung mit vielen Bergwerken zeigt sich, dass Betriebsabfälle systematisch in ausgedienten Revieren eingelagert blieben. Bei der Sanierung des Sondermüllbergwerks DMS St-Ursanne (Jura, CH) mussten diese Betriebsabfälle, darunter auch das eingelagerte Fassgut mit unterschiedlichen Treibstoffen und Mineralölen – vollständig ausgelagert werden [18]. Und auch im Fall der MDPA gibt es glaubwürdige Zeugenaussagen, die von grossen Mengen von Ölen und Fetten berichten, die noch in den Galerien der MDPA lagern (darunter Zisternen mit Fassungsvermögen von mehreren tausend Litern). Die eingelagerten Gesamtmengen an diesen Abfällen wurden von den Betreibern nicht bekanntgegeben.
Wie dem auch sei: diese Situation ist illegal und schlichtweg unakzeptabel. Das Problem liegt dabei nicht allein bei der fehlenden Nachhaltigkeit der umgesetzten Entsorgungspraktiken. Es gibt darüber hinaus ein grundlegendes Glaubwürdigkeitsproblem, dass sowohl die Betreiber der Anlagen wie auch die Aufsichts- und Kontrollbehörden in gleichem Ausmass betreffen. Wird diese Glaubwürdigkeit verspielt, ist der Schaden für die Entsorgungsschiene der Untertageverbringung von hochtoxischen Produkten unermesslich.
Und damit kommen wir zu den eigenartigen Phänomenen, die um das Dossier Stocamine kreisen, insbesondere im Anschluss an den Brand vom September 2002, und die seither immer wieder und von unterschiedlichster Seite aufgeworfen wurden. Sie werfen ein äusserst schlechtes Licht auf die Gouvernanz dieses Dossiers und die Glaubwürdigkeit der Politik von Stocamine und der zuständigen Regierungsstellen.
Die erste Abwehr gegenüber der ursprünglich versprochenen «Reversibilität» erfolgte im März 2004, ca. anderthalb Jahre nach dem Brand vom September 2002. Wie «zufällig» setzte sich das ehemalige Mitglied der Assemblé Nationale, der damalige Bürgermeister des benachbarten Cernay, Michel Sordi, bald nach der Schliessung von Stocamine dafür ein, das für Stocamine relevante Gesetz so zu ergänzen, dass die Abfälle im Untergrund belassen werden könnten, sollte die Zufuhr von Abfällen in die Grube seit mindestens einem Jahr eingestellt worden sein [6, p. 30]. Und neue Wendung und Theatercoup: Im Juli 2004, übernahm EMC von Séché wieder Tredi’s Anteile an Stocamine, die Séché zwei Jahre zuvor erworben hatte [23]. Und dies für den symbolischen Preis von 1€ [6, p. 57]. Tredi’s ursprüngliche Privatisierung wurde also wieder rückgängig gemacht und der Staat durfte die Verantwortlichkeiten wieder übernehmen. Damit war Séché Environnement de facto aus der rechtlichen Verantwortung entlassen. Und damit schien die Angelegenheit geregelt, umso mehr EMC ab dem 1. Januar 2006 aufgelöst werden sollte.
Diese eigenartigen Transaktionen zwischen den oben genannten Playern waren übrigens schon frühzeitig dem Abgeordneten des «Haut-Rhin» Francis Hillmeyer aufgefallen, der am 1. März 2005 im französischen Parlament eine Resolutionsvorschlag (Proposition de Resolution) mit dem Ziel einreichte, eine Untersuchungskommission zu schaffen und die eigenartigen Vorfälle rund um Stocamine zu untersuchen. Hillmeyer begründete dies wie folgt: «Heute gleicht diese Angelegenheit einem riesigen Schlamassel, bei dem EMC anscheinend plötzlich die an Séché verkauften Anteile zurückgekauft hat und sich von dem in jeder Hinsicht lästigen Stocamine trennen will. Den Standort zu liquidieren, indem man Block 15 in einem Betonsarkophag verwandelt, wäre sicherlich das bequemste Mittel, um die überwältigende Verantwortung derjenigen zu verschleiern, die gegen alle Vorsorge- und Sicherheitsvorschriften verstoßen haben, sowohl am Tag (keine wirklichen Kontrollen der eingelagerten Produkte) als auch im Hintergrund (kein Alarmsystem, keine Entrauchung), das Lebens des Personals gefährdet und ein ungeeignetes Lagersystem umgesetzt haben, das eine Umkehrung unmöglich macht usw.» [23]. Vor 17 Jahren also, zeige Francis Hillmeyer bereits mit dem Finger auf die wunden Punkte in dieser Sache, nämlich die «tatsächlich fehlenden Kontrollen bei der Einlagerung der Produkte», die Sicherheitsdefizite und die Versuche, die Bergung der Abfälle zu torpedieren. Und er fuhr fort: «Schweizer Experten», – es handelte sich um das Büro BMG[10] in Schlieren (ZH) – «die von den MDPA beauftragt wurden, haben kürzlich ihre Schlussfolgerungen vorgelegt, die stutzig machen: Sie beziffern die Kosten für die Bergung der derzeit eingelagerten Produkte auf 40 Millionen Euro und die Kosten für einen Betonsarkophag um Block 15 «nur» auf 8 Millionen Euro. Die Preisdifferenz dürfte zu einer Betonlösung führen. Was zu beweisen war!» Hillmeyer schloss seinen Antrag folgendermassen: «Gemäß Artikel 140 ff. der Geschäftsordnung der Nationalversammlung wird eine aus 30 Mitgliedern bestehende Untersuchungskommission eingerichtet, die die Entwicklung der MDPA- und der Stocamine-Akte beurteilen soll, das Management der Verantwortlichen und die Folgen auf die aktuellen Situationen untersuchen soll wie auch die Angemessenheit der Entscheidungen, insbesondere der Lösung mit dem ‚Sarkophag‘, mit dem 44 000 Tonnen zum Teil nicht identifizierter und zweifellos giftiger Abfälle 600 m unter der Erde eingemauert werden sollen, trotz der Befürchtungen und Bedenken sowie des Widerstands eines Großteils der gewählten Vertreter und der betroffenen Bevölkerung.» Der Vorstoss zur Schaffung einer UntersuchungsKommission war also nicht à priori gegen den Weiterbetrieb der Untertagedeponie gerichtet, sondern er zielte darauf, Klarheit über das eingelagerte Abfallinventar zu gewinnen und das Management der Verantwortlichen, d.h. deren Verfehlungen und die Konsequenzen dieser Fehlentscheidungen zu untersuchen.
Zwei Jahre später wird das Thema einer Überprüfung des eingelagerten Inventars vom ehemaligen Bürgermeister von Wittelsheim noch einmal aufgeworfen und zwar an der Sitzung der CLIS vom 4. Juli 2007: Er äusserte den Wunsch, « dass eine Expertise über alle gelagerten Materialien erstellt wird und nicht nur über die in Block 15 gelagerten Materialien .» Er präzisierte, er verlange nicht « eine Untersuchung jedes einzelnen Big-Bags, sondern eine Untersuchung jeder einzelnen Charge .» Zudem sollte auch die « Standortüberwachung » untersucht werden. Die offizielle Antwort erstaunt, denn sie konzentriert sich sofort auf die Asbestabfälle, obschon diese nicht explizit im Protokoll erwähnt sind: « Es ist gesetzlich verboten, Big-bags zu beproben, die ganz oder teilweise mit Asbest gefüllt sind. Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Verbot. » Und dieses gesetzlich festgeschriebene Verbot lenkt den Verdacht der Manipulation umso mehr auf diese Abfallkategorie, stellt sie doch das wesentliche Schlupfloch dar, bei dem organische Sonderabfälle, die auf der Negativliste figurierten, via Deklaration als « Asbestabfall » die Eingangskontrolle ungehindert passieren und damit illegal eingelagert werden konnten.
Nur: wer konditionierte die Abfälle, mit welchen Dokumentationsauflagen? Und wer kontrollierte behördlicherseits diese Konditionierungen? Nur über die Begleitscheine oder effektiv auch durch nicht angekündigte Kontrollen und Probenahmen bei der Konditionierung und Einsackung ? Gerade der Fakt, dass die sogenannten « Asbestabfälle » von Solupack den Brand vom September 2002 ausgelöst hatten, hätten eine systematische Überprüfung dieser Chargen zwingend erforderlich gemacht.
Und so fragt man sich, wie es möglich war, eine solche Untersuchung 17 Jahre lang zu blockieren. Und damit sind wir beim eigentlichen zentralen Punkt dieser Affäre angelangt: Es geht bei der Aufklärung des eingelagerten Abfallinventars nicht nur wie bisher darum, die Rolle von Stocamine abzuklären, sondern weit über den Tellerrand hinaus zu schauen, und die Verantwortlichkeiten für die Konditionierung und der Abgabe der Abfälle an Stocamine untersuchen. Dies gilt auch in besonderem Masse für die beiden Aktionäre von Stocamine: Tredi bzw. von Séché Environnement. Dieses Untersuchungsfeld stand nämlich bisher im Schatten der Abklärungen um Stocamine. Und darum sollten nun grundlegende Fragen zur Rolle dieser Konditionierer aufgeworfen werden.
5 Fragen über Fragen
Als Ausgangspunkt dienen dafür die bisher dargelegten Feststellungen:
- Der Beweis ist in x-Fällen erbracht, dass die Einlasskontrolle über Jahre immer wieder versagte und hochgiftige Abfälle, die laut Erlass des Präfekten zur Annahme verboten waren, in das Bergwerk eingelagert wurden, darunter auch PCB-haltige Abfälle, die klipp und klar auf der Negativliste der präfektoralen Genehmigung figurieren. Bei der Auslagerung von quecksilber- und arsenhaltigen Abfällen wurden in aufgerissenen Big-Bags Kanister/Fässer mit Mineralölen und Fetten beobachtet, deren Herkunft und Inhalt nicht bekannt sind.
- Weitere Zeugenaussagen nennen, auch medizinische Abfälle, die verbotenerweise eingelagert wurden (Negativliste der präfektoralen Genehmigung, siehe [9])
- Es ist erwiesen, dass die angelieferten Asbestabfälle aufgrund ihres Risikoprofils nicht den Eingangskontrollen unterworfen waren und daher Fehldeklarationen bei der Kennzeichnung der Gebinde möglich waren.
- Es bestand eine grundlegende Schwachstelle bei der Probenahme an der Oberfläche der angelieferten Gebinde, die eine umfassende Kontrolle des Inhalts der der angelieferten Abfälle nicht ermöglichten.
- Es ist unserer Kenntnis nach auch festzuhalten, dass die Abgeber des organischen Sonderabfalls von den Unternehmen, welche diese Abfälle konditioniert und dann der Einlagerung übergeben haben, nicht darüber informiert worden sind, wo und wie die Abfälle entsorgt wurden. Gerade diese letzte Feststellung könnte weitreichende Konsequenzen haben.
- Vergessen wir schliesslich auch die Bergwerkabfälle des Minenbetriebs nicht, darunter auch flüssige mineralische Öle und Fette (und vieles andere mehr), die ebenfalls die Frage nach einer weitergehenden Sanierung des Standorts aufwerfen.
Die 1997 erfolgte Genehmigung durch den Präfekten enthält eine Anzahl äusserst interessanter Auflagen, die nicht nur Stocamine, sondern den Abgabebetrieb oder den Konditionierer betreffen (Art. 13.2). So wird klargestellt, dass die Verantwortung für die Konditionierung beim Abgabetrieb, bzw. beim für die Konditionierung zuständigen Annahmebetrieb liegt. Bei den zwei illegal an Stocamine abgegebenen Abfallgruppen – den mineralischen Ölen und Fetten sowie den Medizinalabfällen – könnte deshalb folgende Masche zur Anwendung gelangt sein (Figur 3): Die Annahmebetriebe – im Falle der brandauslösenden Asbestabfälle von Solupack war es etwa Séché Environnement – übernahmen die Sonderabfälle mit allen erforderlichen Begleitscheinen von den Abgebern zu einem vereinbarten Preis. Dieses Modell könnte prinzipiell auch bei anderen Abfallgruppen umgesetzt worden sein, etwa bei medizinischen Abfallgruppen bzw. für mineralische flüssige oder feste Abfälle[11] Da diese Abfälle nicht in einer Untertagedeponie zulässig waren, mussten sie in eine Spezialbehandlung gehen, normalerweise in eine Hochtemperatur-Verbrennung in einem Sondermüllofen. Der Kunde, also der Abgeber von infektiösen Spitalabfällen oder mineralischen Ölen (z.B. PCB), zahlt noch heute Preise in der Grössenordnung von 800.- bis 1’000.- €/t für die Verbrennung in solchen Spezialöfen (Preise um das Jahr 2000 : 1’200 bis 1400.- €/t oder mehr). Wurden diese Abfälle – trotz Verbot – in eine Untertagedeponie gebracht, konnten also grundsätzlich satte Gewinne abgeführt werden. Bei diesem Szenario versprach die nicht deklarierte Umleitung von prinzipiell zur Einlagerung in Stocamine verbotenen Sonderabfällen also hohe Gewinnmargen, wie dies auch bei anderen Skandalen in Frankreich und in Deutschland (PCB) bekannt wurde [26].
Figur 3: Korrekte Entsorgung (in grün) und Umgehungsstrategie (in rot)
Dieses Szenario liefert endlich eine plausible Erklärung für die systematische Weigerung von Stocamine und den hinter ihr stechenden Interessen, die Abfälle trotz Auflagen und Versprechen zur Reversibilität in der Untertagedeponie zu belassen. Und sie erklärt zugleich die eigenartigen Winkelzüge im Gefolge des Brandes vom September 2002 und der Betriebseinstellung der Untertagedeponie. Denn an eine Bergung der eingelagerten Sonderabfälle war angeblich nach dem Brand nicht mehr zu denken. Die Abfälle mussten im Untergrund verbleiben, um den Schwindel nicht auffliegen zu lassen. So ist nicht erstaunlich, dass die vom Abgeordneten Michel Sordi initiierte Gesetzesänderung, die darauf zielte, die Abfälle im Untergrund belassen zu können, sofern während einem Jahr keine neuen Abfälle angeliefert worden war, sich nahtlos in diese Logik einreihen lässt. Und plötzlich wurde das Salzkriechen in den sich schliessenden Lagerstollen des Salzbergwerks zu einem ungeheuerlichen Risiko hochstilisiert, das eine Bergung der Abfälle brandgefährlich machen würde – eine eigenartige Argumentation für eine Bergwerknation wie Frankreich, die das elsässische Salzrevier gegen hundert Jahre lang betrieben hatte. Dass die zuständigen Kreise und Behörden sich auch systematisch über die Erfahrungen ihrer deutschen Bergwerkskollegen hinwegsetzten, wonach konvergierende Salzbergwerke mit den entsprechenden Techniken und der gebotenen Vorsicht problemlos wieder aufgefahren werden können, unterstreicht diese an den Haaren herbeigezogene Argumentation. Ebenso liess die Führung von Stocamine jegliche Transparenz vermissen, wenn es um die auswärtige und öffentliche Kontrolle der Rückbau- und Wiedereinlagerungsarbeiten zwischen 2014 und 2017 ging und ignorierte die Eingaben der in die Sanierung involvierten Bergleute, entsprechende Abklärungen zum eingelagerten Inventar zu machen. Das französische Umweltministerium hat sich die Position von Stocamine zu eigen gemacht und will nun möglichst rasch den Deckel zumachen und definitiv verschliessen. Und wiederum sind eine merkwürdige Eile und dubiose Winkelzüge bei der Anpassung der Gesetzgebung zu beobachten: etwa die Bestimmung der französischen Regierung die Schliessung von Stocamine über das Gesetz über die Finanzen von 2022 zu regeln. Immerhin hat der Verfassungsrat (conseil constitutionnel) die Regierung zurückgepfiffen und dieses Ansinnen annuliert . Einmal mehr kommt der Verdacht auf, dass es der Regierung vor allem darum geht, Stocamine endlich zu verschliessen, um weitere Prüfungen und Untersuchungen auszuschliessen und die Diskussion zu beenden. Aus all diesen Gründen wird der kürzlich gemachte gutgemeinte Kompromissvorschlag von Frédéric Berry, Präsident der Communauté Européenne d’Alsace (Europäische Gemeinschaft Elsass), das Maximum der noch risikomässig einfach zu bergenden Abfälle auszulagern, auch nichts fruchten [27]. Denn würde dieses Ansinnen umgesetzt, könnte der Fall ja definitiv auffliegen.
Und so kommen nun neue Fragen auf, welche die Akte «XY Stocamine» endlich klären könnten. Fangen wir bei den Abfällen an: Wer war für die Konditionierung der Asbestabfälle zuständig? Dies dürfte relativ einfach festzustellen sein, da die versiegelten Asbestgebinde normalerweise nummeriert sind (SIRET-Nummer des Unternehmens, das den Abfall verpackt hat, eindeutige Nummerierung via BSDA-Nummer [Borderau de suivi des déchets d’amiante]). Desgleichen könnte ohne grossen Aufwand festgestellt werden, welche/welches Unternehmen die Verbrennungsrückstände abgesackt hat, insbesondere die Verbrennungsrückstände mit medizinischen Abfällen. Aus welchen Spitälern wurden die medizinischen Abfälle angeliefert? Welche Verträge bestanden zwischen Abgabebetrieb (Spital) und Abnehmer (Konditionierer)? Wurde ein Teil dieser Abfälle auch in Stocamine eingelagert, weil die Verbrennungskapazitäten der Sondermüllöfen zeitweise am Limit waren? Hatte Stocamine also das Potential eines Puffer-Lagers, das bei Engpässen bedient werden konnte? Und könnten auch ausschliesslich wirtschaftliche Überlegungen bei der direkten Einlagerung den Ausschlag für die illegalen Einlagerungen gegeben haben?
Wie zertifizierten die Betriebe die Annahme dieser beiden Abfallkategorien gegenüber dem Abgeber der Abfälle? Welche Preise bezahlten die Abfallabgeber den Abnehmerbetrieben für die ordnungsgemässe Entsorgung ihrer Abfälle? Zertifizierten die Annahmebetriebe diese ordnungsgemässe Entsorgung in einer Hochtemperatur-Verbrennungsanlage? Haben diese Unternehmen z.B. den Spitälern, welche die Abfälle abgegeben haben, eine Bescheinigung der ordentlichen Entsorgung der Abfälle übergeben? Welche Abfallkategorien wurden massgebend durch Tredi/Séché Environnement und ihre Filialen konditioniert? Sind dies in erster Linie Asbest- und Rauchgasreinigungsrückstände? Warum versuchte sich Séché seiner Verantwortung durch den Rück-Verkauf seiner Anteile an Tredi an den französischen Staat für sage und schreibe 1€ zu entziehen! Usw.
Weshalb gingen die zuständigen Ministerien in Paris und die zuständigen regionalen Aufsichtsbehörden den bisherigen Hinweisen auf illegal eingelagerte Abfälle nicht nach? Weshalb wird – obschon ebenfalls durch unterschiedliche Zeugenaussagen belegt – der Existenz von infektiösen Spitalabfällen in Stocamine nicht nachgegangen? Wie ist es zu erklären, dass die Eingangskontrolle regelmäßig verletzt wurde und hochgiftige Abfälle, die durch den Erlass des Departements verboten sind, in das Bergwerk hinabgelassen wurden, darunter mineralische (PCB-haltige?) Öle und Fette und infektiöse Krankenhausabfälle, die nicht in diesen Untergrund gehören? Weshalb werden die vielfältigen nachweisbaren Übertretungen des Genehmigungserlasses des Präfekten durch Stocamine und seiner Rechtsnachfolger nicht vom übergeordneten Umweltministerium in Paris untersucht? Warum blockieren Ministerien und Experten seit 2 Jahrzehnten auf eine derart offensichtliche Art und Weise eine grundlegende Aufarbeitung dieser Skandalgeschichte?
6 Statt einer Folgerung – was zu tun bleibt
Dieses Dossier stinkt wahrhaft zum Himmel! Die Aufklärung dieser Skandalgeschichte gehört darum definitiv auf die politische und juristische Ebene verlagert. Eigentlich wäre die Auflösung eine einfache Sache: zum einen ist die Politik nun gefordert, Rechenschaft abzulegen über die bisher nicht beantworteten Fragen in dieser Geschichte. Dies gilt auch für die höchsten Politiker des Landes, insbesondere auch für die heutige Umweltministerin Barbara Pompili. Es wird erwartet, dass Antworten auf die unzähligen Fragen nach der illegalen Einlagerung von Abfällen in Stocamine gegeben werden. Vor allem auf die grundlegende Frage, ob es sich nicht in erster Linie um eine ganz banale Betrugsgeschichte handelt, die dummerweise aus der Kontrolle lief und die nun die dahinter stehenden Interessen in eine äusserst leidige Lage bringen könnte, sollte sie aufgedeckt werden.
Die Justiz sollte sich einschalten, um die Ereignisse im Rahmen einer zweistufigen strikt unabhängigen Untersuchung aufzuklären. Zum einen müsste eine eidesstattliche Anhörung aller Personen durchgeführt werden, die an den historischen Vorgängen der damaligen Abfallannahme und -konditionierung und insbesondere den Sanierungsarbeiten von 2014 bis 2017 beteiligt waren, letztere beginnend mit der Direktion und endend mit allen an diesen Arbeiten beteiligten Unternehmen, Fachleuten und Arbeitern. Zum anderen wäre eine sicherlich komplexere Untersuchung des „corpus delicti“ selbst erforderlich, d. h. der Abfälle, die noch immer in Stocamine gelagert werden. Die Beweise für die Illegalität befinden sich nämlich im Untergrund – man braucht sie nur zu heben.
Auf Abwegen sich befindende Dossiers haben die lästige Eigenschaft, dass sie irgendwann auffliegen. Irgendwann ziehen die Zweifel zunehmend ihre Kreise, so dass lange unterdrückte Informationen an die Oberfläche gelangen. Weitere Zeugenaussagen können dabei folgen, weitere Beweise, etwa Bildmaterial, e-Mails, Berichte usw. ihren Weg an die Öffentlichkeit finden. Ein Albtraum für all jene, die in eine solche Geschichte verstrickt sind. Und in ganz besonderem Masse für darin involvierte Politiker. Es kann daher den heute verantwortlichen Stellen nur empfohlen werden, baldmöglichst eine vollständige und gründliche Aufklärung des Falles Stocamine sicherzustellen.
Quellen
[1] Buser, M., Wildi, W., 2021. Erfahrungen mit tiefen Endlagern für chemo-toxische Abfälle (2): Das Projekt Stocamine – der Sündenfall in Sachen «Reversibilität», 22. Januar 2021, siehe https://www.nuclearwaste.info/erfahrungen-mit-tiefen-endlagern-fuer-chemo-toxische-abfaelle-2-das-projekt-stocamine-der-suendenfall-in-sachen-reversibilitaet/#_ftnref29
[2] Copil 2011, Copil, 2011, COPIL Stocamine, Gutachten, Juli 2011, http://www.grand-est.developpement-durable.gouv.fr/IMG/pdf/Rapport_final_COPIL.pdf (version française) http://www.grand-est.developpement-durable.gouv.fr/IMG/pdf/COPILfinalallemand.pdf (version allemande), p. 23.
«Entre juin 1999 et août 2002, on note 20 refus de lots, représentant 250 tonnes environ, réexpédiés suite à la constatation d’une non-conformité (dégazage, radioactivité, taille et conditionnement des colis».
[3] Buser, M., 2017, Short-term und Long-term Governance als Spannungsfeld bei der Entsorgung chemo-toxischer Abfälle, ITAS-Entria-Arbeitsbericht 2017-02
[4] Copil 2011, op.cit., p. 23 >> 7: «Entre juin 1999 et août 2002, on note 20 refus de lots, représentant 250 tonnes environ, réexpédiés suite à la constatation d’une non-conformité (dégazage, radioactivité, taille et conditionnement des colis».
[5] Buser, M., 2017, Short-term und Long-term Governance als Spannungsfeld bei der Entsorgung chemo-toxischer Abfälle, ITAS-Entria-Arbeitsbericht 2017-02,S. 45
[6] Assemblée Nationale, 2018, Rapport d’information déposé par la mission d’information commune sur le site de stockage de déchets Stocamine, 18 septembre 2018, https://www.assemblee-nationale.fr/dyn/15/rapports/micstoc/l15b1239_rapport-information
[7] PEC SIE, s.d., Étude des dangers, Mine Joseph Else, stockage profond de déchets industriels
[8] Préfecture du Haut-Rhin, 1997. Arrêté n° 970157 du 03.03.1997
[9] Rue89Strasbourg, 2021. Les grandes lacunes de Stocamine: suspiction de déchets irréguliers sous la nappe phréatique, 19 avril 2021
[10] Collectif Déstocamine (2008): Stockage des déchets ultimes, la solution Stocamine, Dates et faits manquants, 29.10.2008, https://www.destocamine.fr/historique/
[11] L’Alsace, 2001. Stocamine : une inquiétude de fond, 6.7.2001. [12] Préfet du Haut‐Rhin, 2001. Arrêté préfectoral du 10.7.2001. [13] Caffet, Marc, Sauvalle, Bruno, 2010. Fermeture du stockage de déchets ultimes de Stocamine (Haut‐ Rhin), Ministère de l’écologie, de l’énergie, du développement durable et de la mer & Ministère de l’économie, de l’industrie et de l’emploi, 6/2010. [14] L’Alsace, 2002. Tredi cédé à Séché Environnement, 11.4.2002. [15] L’Alterpresse 68, 2017. Dossier Sordi et Stocamine : Sortons la vérité du fond du trou, 29.5.2017. [16] L’usine nouvelle, 21 septembre 1995 [17] La Tribune, 2012. La liquidation du groupe public EMC rapporte 40 millions à l’État, 31 décembre 2012, https://www.latribune.fr/entreprises-finance/industrie/chimie-pharmacie/20121231trib000739931/la-liquidation-du-groupe-public-emc-rapporte-40-millions-d-euros-a-l-etat.html [6.2.2022]). [18] Buser, M., Paupe, N., 2021. Les Fours à Chaux de St. Ursanne : une mine d’histoires. Alphil Editions [19] Groupe EMC s.D. Une mine au service de l’environnement, Groupe EMC. [20] Goupe EMC. 1996. Projet de stockage en mine de déchets industriels, Stocamine, Pôle Joseph-Else, Février 1996 [21] Les Échos, 1999. EMC commence à se désengager du traitement des déchets. 3 février 1999. Cf. https://www.lesechos.fr/1999/02/emc-commence-a-se-desengager-du-traitement-des-dechets-762511 [6.2.2022]). [22] L’usine nouvelle, 2002. Environnement. Séché va acquérir Tredi, 11 avril 2002. https://www.usinenouvelle.com/article/environnement-seche-va-acquerir-tredi.N1759 [7.2.2022] [23] Assemblée Nationale, 2005. Proposition de Résolution tendant à la création d’une commission d’enquête sur les conditions dans lesquelles les Mines de Potasse d’Alsace puis la société Séché ont crée et conduit l’exploitation du site de stockage souterrain Stocamine, présentée par Francis Hillmeyer, député du Haut‐Rhin, 1.3.2005, No. 2116, https://www2.assemblee-nationale.fr/documents/notice/12/propositions/pion2116/(index)/resolutions-enquete/(archives)/index-enquete-resolution (9.2.2022) [24] Reporterre, 2021. Tribune – Déchets. La leçon de Stocamine pour Bure: l’État ne tient pas sa parole. 8 février 2021. https://reporterre.net/La-lecon-de-Stocamine-pour-Bure-l-Etat-ne-tient-pas-sa-parole (9.2.2022) [25] Stocamine, 2014. La lettre d’information sur les travaux de déstockage, No. 5, octobre 2014; Mitteldeutsche Zeitung, 2014. Gefährliche Industrieabfälle aus Frankreich, Sondermüll auf dem Weg ins thüringische Sondershausen, 25. November 2014. https://www.mz-web.de/mitteldeutschland/deponie-in-sondershausen-nimmt-elsaessern-giftmuell-ab-341166. taz, 2014. Im Salzbergwerk verbuddelt. 25.11.2014, https://taz.de/Giftmuell-aus-Frankreich-nach-Thueringen/!5027757/ (10.2.2022) [26] Géoconfluences, 2014. Le développement durable, approches géographiques. Le Rhône et les PCB: une pollution au long cours. 20.05.2014. http://geoconfluences.ens-lyon.fr/doc/transv/DevDur/popup/PCB-Rhone.htm (11.2.2022); Assemblé Nationale, 2008. Le Rhône et les PCB: une pollution au long cours. Présenté par M. Philippe Meunier, député. https://www.assemblee-nationale.fr/13/rap-info/i0998.asp (11.2.2022); wdr.sw, 2011. Staatsanwalt erhebt Anlage im PCB-Skandal, Envio-Geschäftsführer droht Gefägnis. 24. Juni 2011. wdr.sw, 2011. Staatsanwalt erhebt Anlage im PCB-Skandal, Envio-Geschäftsführer droht Gefängnis (11.2.2022). Envio, s.d. Wipikepdia. https://de.wikipedia.org/wiki/Envio (11.2.2022). [27] L’Alsace, 2022. Frédéric Bierry propose un «compromis» à Barbara Pompili. 2 février 2022. https://www.lalsace.fr/environnement/2022/02/02/frederic-bierry-propose-un-compromis-a-barbara-pompili (11.2.2022). [28] Stocamine, 2001. Rapport annuel 2000. 23.02.2001. [29] Stocamine, 2003. Rapport annuel 2002. 04.02.2003. [30] Ineris, 2011. Stocamine: Evaluation du terme source dans le scénario du stockage illimité: calculs des quantités de contaminants stockés et concentrations potentielles en solution et en phase gazeuse en cas d’ennoyage. DRC-10-108130-126110B. 03/11/2011. [31] Stocamine, 2002. Jahresbericht 2001. 20.03.02.[1] Buser, M., Wildi, W., 2018. Du stockage des déchets toxiques dans des dépôts géologiques profonds, Sciences & Pseudo-Sciences 2018, vol. 324, p. 33-41. Article Free-Access https://archive-ouverte.unige.ch/unige:104012
[2] Die Geschichte der deutschen Untertagedeponien ist dem Buch von Marcos Buser, Nicolas Paupe, 2021. Les Fours à Chaux de St-Ursanne – une mine d’histoires, Alphil Éditions, zu entnehmen.
[3] https://www.youtube.com/watch?v=bfajFgMtRDs
[4] Groupe EMC, 1996. Stocamine. Le stockage en mine de déchets industriels. Pôle Joseph-Else. Février 1996, p. 24.
[5] später Gesellschaft Société Azote et Produit Chmimique (APC)
[6] Standort Salaise sur Sanne (Isère) erst ab 2001 (https://www.usinenouvelle.com/article/environnement-tredi-trois-projets-lances-en-1998.N1429847, 7.2.2022) Izeaux im Jahr 2006 (https://www.societe.com/etablissement/tredi-33818576200154.html, 7.2.2022)
[8] SIVOM, Syndicat Intercommunal à Vocation Multiple, https://www.sivom-mulhouse.fr (depuis 1968)
[9] Inertam, société de déconstruction des déchets d’amiante, https://www.inertam.com (depuis 1992)
[10] heute Arcadis Schweiz
[11] Es kamen ja PCB-haltige feste Abfälle von Tredi. Denn Trédi St Vulbas war «seit jeher auf die Entsorgung von PCB-Transformatoren spezialisiert und integriert Verfahren, um die gesamte Kette der PCB-Transformatoren zu verwalten, von der Dekontaminierung bis zur Vernichtung der PCB-verunreinigten Abfälle in seiner thermischen Behandlungsanlage. Je nach ursprünglichem PCB-Gehalt können die Transformatoren saniert oder ihre Metallmasse im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwertet werden.» Tredi St-Vulbas – Traitement et valorisation déchets dangereux et complexes. site web https://www.groupe-seche.com/fr/qui-sommes-nous/nos-implantations-france/18/tredi-site-de-saint-vulbas (7.2.2022)
M.B.
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Französischer Giftmüll kam 2014 nach Deutschland. Wie ist es umgekehrt: Ging auch deutscher Müll nach Stocamine?
Marcos Buser
Guten Tag, soweit ich weiss wurden keine deutsche Abfälle in Stocamine eingelagert, aus dem Raum des Hochrheins und von Baden-Württemberg standen zur selben Zeit die Anlagen von Kochendorf und Heilbronn sowie von Stetten-Haigerloch (nur für Rauchgasreinigungsrückstände) zur Verfügung. Die Untertageverbringung von Sondermüll in altgedienten Salzbergwerken ist eine deutsche Spezialität. Wir berichten bald weiter über diese Entsorgungsschiene.