Vom Kindertraum zum Albtraum, hin und zurück: Etwa so darf man das sicher nennen, wenn man das Leben alternder Atomwissenschaftler und -ingenieure betrachtet, welche erst die explosionsartige Entwicklung der Kernenergie erlebten, sodann das Umkippen zur erneuerbaren Energie und nun bei der EU davon träumen, das Rad nochmals um 70 Jahre zurück drehen zu können. Wie anders soll man folgendes interpretieren:
Im „Spiegel – Online“ am 17.05.2016 um 13:22h gelesen
„Die EU-Kommission will nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen den Bau von Atommeilern vorantreiben. Außerdem sollen neue Mini-Reaktoren entwickelt werden. . . .
In Deutschland soll 2022 das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen – in Europa hingegen soll die umstrittene Technologie nach dem Willen der EU-Kommission gestärkt werden. Die EU müsse ihre technologische Vorherrschaft im Nuklearsektor verteidigen, heißt es im Entwurf für ein Strategiepapier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. Die Mitgliedstaaten sollen demnach bei der Erforschung, Entwicklung, Finanzierung und beim Bau neuer innovativer Reaktoren stärker kooperieren.
Das Papier soll die Grundlage der künftigen Atompolitik der EU-Kommission sein. Es soll am Mittwoch von den für die Energieunion zuständigen Kommissaren diskutiert und später dem EU-Parlament vorgelegt werden.
In dem Papier wird unter anderem vorgeschlagen, die Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Gelder sollen unter anderem aus dem Europäischen Fonds für strategische Investments (EFSI) und den Forschungsprogrammen der EU fließen. Abgewickelt werden einige dieser Förderprogramme auch über die Europäische Investitionsbank (EIB), über die das deutsche Finanzministerium mitbestimmt.
Bei der Entwicklung neuer Reaktortechnologien will die EU-Kommission Tempo machen. Unter anderem soll der Bau von flexiblen Mini-Atomreaktoren vorangetrieben werden. Spätestens 2030 soll ein solcher Meiler in Europa im Einsatz sein.“
„Da stimmt wohl etwas nicht!“
Da haben sich die Blog-Autoren am Kopf gekratzt und gebrummt: „Da stimmt wohl etwas nicht!“ Logisch, auch wenn die Welt nun schon seit bald 50 Jahren auf die Entwicklung von Reaktoren der (wirklichen) 3. und der 4. Generation wartet: Kleine Reaktoren (v.A. Hochtemperatur Reaktoren) die nicht überkritisch werden können, welche weniger und nur kurzlebige Abfälle produzieren. Zahlreiche Projekte liefen bereits im letzten Jahrhundert (und immer schief), und jetzt sollen es EU-Gelder bis zum Jahr 2030 vom Konzept eines Reaktors bis zu seiner industriellen Reife schaffen.
Und auf Kosten wessen? Natürlich Deutschlands, dem Land das aus der Kernenergie aussteigt, erneuerbare Stromproduktion massiv fördert und vor einem (noch weit entfernten) X mal 10 Mia Euro schweren Entsorgungsprogramm steht.
Die Antwort ist schon da! Es ist ein Albtraum
So gingen denn die Blog-Autoren ins Wettbüro und wetteten auf die offizielle Deutsche Reaktion auf die EU-Hiobsbotschaft. Und, sie wurden nicht enttäuscht: Noch am selben Tag, am 17.05.2016, erschien um 16:47h im selben SPIEGEL-ONLINE die Reaktion aus Berlin:
„Die EU-Kommission stößt mit ihrem Strategieentwurf für einen Ausbau der Atomkraft auf Kritik in der Bundesregierung. Wirtschaftsminister Gabriel nennt die Inhalte des Papiers „absurd“.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) übte scharfe Kritik. „Es ist schon absurd darüber nachzudenken, wie man eine der ältesten Technologien, die wir zur Energieerzeugung in Europa nutzen, erneut mit Subventionen ausstatten will“, sagte er. Das wäre „der völlig falsche Weg“. Gabriel betonte, dass das Papier der EU-Kommission nicht unter Zutun Deutschlands entstanden sei.
Gabriel schloss sich mit seiner Empörung Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) an, welche die Überlegungen als „eine verrückte und unverantwortliche Idee“ bezeichnet hatte. . . . .“
3 Stunden und 25 Minuten für Geburt, Leben und Tot einer EU-Strategie? Was war denn das? Ein Strohfeuer? Ein genialer Streich? Ein Versuchsballon? Ein Albtraum? Ein Kindertraum einiger Atom-Fans in der EU-Administration, ca. 2 Tage vor ihrer Pensionierung?
Wie lange braucht es denn?
Wohl etwas von all dem. Wie sähe aber heute in etwa eine derartige Neuentwicklung einer Reaktorlinie aus?
Man kann (muss) annehmen, dass die Entwicklung eines lebensfähigen Konzepts, sodann dessen Planung und Lizenzierung 20 bis 30 Jahre in Anspruch nehmen würde. Es würde ein Pilotprojekt und dessen Test folgen, sodann ev. ein Projekt in industriellem Massstab. Käme man endlich von Uran als Brennstoff ab, so müsste z.B. eine Brennstoffproduktion aus Thorium angezogen werde, etc., etc. Und das Ganze auf Kosten der Steuerzahler, weil ja sicher keine Industrie in ein solches Verlustgeschäft investieren würde. Stände dann letzten Endes ein Reaktor neben einem Turbinengebäude, so wäre dies vielleicht in 40 oder 50 Jahren, wenn der Sonnenstrom für einen Pappenstiel gehandelt wird, sicher aber nicht im Jahr 2030.
Also doch ein Albtraum!
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