Mit Datum vom 26. April 2021 veröffentlicht die KNS ihren Tätigkeitsbericht 2020. In ihrer gegenüber 2019 neuen Zusammensetzung und mit Dr. B. Müller als neuem Präsidenten, bearbeitete die Kommission gemäss Pflichtenheft dieselben Themen wie bis anhin. Zur nuklearen Entsorgung möchten wir insbesondere auf zwei Punkte hinweisen:
1. Vermeidung von organischen Stoffen in schwach und mittel radioaktiven Abfällen (SMA): Diese Forderung wurde bereits vor nunmehr 15 Jahren durch die damalige KSA gestellt, wobei seither offensichtlich kein Fortschritt erzielt wurde. Zur Erinnerung: Organische Abfallstoffe können bei ihrer Zersetzung im geologischen Tiefenlager Gas entwickeln, dessen Druckaufbau das Einschlussvermögen des Wirtgesteins und damit die Sicherheit des Lagers beeinträchtigen kann. Organische Stoffe sind deshalb in geologischen Tiefenlagern konventioneller (nicht radioaktiver) Abfälle nicht zugelassen. Die KNS schreibt nun hierzu:
«Organika in radioaktiven Abfällen
Ende 2019 hatte die KNS Fragen zu den Grundprinzipien und Schutzzielen bei der Entsorgung von radioaktiven und nicht radioaktiven Abfällen zuhanden des BFE formuliert. Nach Vorliegen der Antworten auf diese Fragen befasste sich die KNS im Berichtsjahr mit verschiedenen Aspekten organikahaltiger schwach- und mittelaktiver Abfälle (SMA) und deren Langzeitverhalten in einem geologischen Tiefenlager. In einem Brief an das BFE [KNS OiSMA 2020] hielt sie fest, dass auf der rechtlichen Ebene die von den Vorgaben für nicht radioaktive Abfälle, namentlich in der VVEA5, abweichenden Regelungen für Einlagerungen in geologische Tiefenlager im gesetzlichen Rahmen explizit zum Ausdruck kommen sollten. Dies gilt ebenso für die Kriterien und Rahmenbedingungen, die massgebend für diese abweichenden Rege-lungen sind. Weiter hob die KNS hervor, dass Massnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung von Organika in SMA nach wie vor von grundlegender sicherheitstechnischer Bedeutung sind, auch wenn Organika nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Gesamtmasse der Abfälle ausmachen. Mögliche negative Auswirkungen von Organika im SMA-Lager können durch geeignete Massnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung bereits vor der Einlagerung soweit möglich umgangen werden, müssen also nicht durch zusätzliche technische Massnahmen erst im Tiefenlager abgemildert werden. (Heraushebung durch Blogautoren)
Die KNS wird die Thematik unter anderem im Zuge der Prüfung des Entsorgungsprogramms 2021 der Entsorgungspflichtigen weiterverfolgen und sich allenfalls ergebende Änderungen der aktuellen Sachlage entsprechend beurteilen.»
Unsere Bemerkung: Die KNS hätte auch mutiger und mit Nachdruck fordern sollen, dass organische Stoffe in radioaktiven Abfällen vor deren Einlagerung in einem geologischen Tiefenlager thermisch zerstört werden müssen.
2. Vorbereitungen im Hinblick auf die Einreichung des Gesuchs (oder der Gesuche) zur Erlangung der Rahmenbewilligungen für geologische Tiefenlager: Die Nagra beabsichtigt etwa im Jahr 2022 den Standort (oder die Standorte) für geologische Tiefenlager zu kommunizieren[2]. Sodann beabsichtigt sie, die Ausarbeitung des Gesuchs (oder der Gesuche) zur Erlangung der Rahmenbewilligungen an die Hand zu nehmen. Die KNS sorgt sich nun um die Berichterstattung der Nagra zu den im Hinblick auf die Einreichung des Gesuchs (oder der Gesuche) durchgeführten weiteren erdwissenschaftlichen Untersuchungen und den im Hinblick auf das Rahmenbewilligungsgesuch einzureichenden Fachberichten. Die Kommission führt dazu aus:
«Berichterstattung Rahmenbewilligungsgesuche
In den präzisierenden Vorgaben[3] des ENSI für Etappe 3 SGT ist betreffend Berichterstattung für die Rahmenbewilligungsgesuche[4] (RBG) festgehalten, dass die Entsorgungspflichtigen dem ENSI ein Konzept zu unterbreiten haben, aus dem hervorgeht, zu welchem Zeitpunkt Referenzberichte zu bereits abgeschlossenen Untersuchungen beim ENSI vorgängig eingereicht werden. Im Sinne dieser Vorgabe legte die Nagra Ende 2019 den Arbeitsbericht[5] NAB 19-48 vor, in welchem die vorgesehene Berichtstruktur für die RBG-Unterlagen und der vorläufige Zeitplan für die Einreichung der Berichte dargestellt sind. Bezugnehmend auf den Arbeitsbericht NAB 19-48 beschloss die KNS, sich frühzeitig ein Bild davon zu machen, welche der Berichte im Hinblick auf die Beurteilung der Standortwahl zentral sind und zeitnah nach Veröffentlichung in der Kommission behandelt werden sollten. Nach Sichtung der von der Nagra vorgesehenen Berichtstruktur und des zugehörigen Zeitplans wurden mögliche thematische Schwerpunkte für die Behandlung in der Kommission festgelegt und eine effiziente und zweckmässige Vorgehensweise bei der Auswertung der Berichte in der KNS vereinbart. Beginnend mit dem Arbeitsbericht NAB 19-15 «Standortunabhängiger Vergleich eines Kombilagers mit zwei Einzellagern hinsichtlich Bau- und Betriebsabläufe sowie Umwelt» nahm die KNS anschliessend die interne Auswertung der bereits veröffentlichten Referenzberichte auf.»
Unsere Bemerkung: Etliche der ergänzenden Tiefbohrungen der Nagra in den drei potenziellen Standortgebieten Bözberg, Zürcher Weinland und «Lägern Nord», sowie die Bearbeitung der seismischen Profile sind abgeschlossen.[6] Resultate aus diesen Untersuchungen wurden bis heute (im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten der Nagra) nur sehr spärlich kommuniziert, geschweige denn publiziert. Dies steht klar im Widerspruch zur Absichtserklärung im Bericht NAB 19-15 und wird das Vertrauen in die Entsorgerorganisation nicht stärken. Auf welche Referenzberichte sich die KNS beruft, ist nicht aus ihrem Jahresbericht erkenntlich.
[1] https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/66280.pdf
[2] https://www.nagra.ch/de/zeitplan.htm
[3] Präzisierungen der sicherheitstechnischen Vorgaben für Etappe 3 des Sachplans geologische Tiefenlager; ENSI 33/649; ENSI, Brugg, November 2018
[4] Wenn ein geologisches Tiefenlager für alle Abfallkategorien vorgesehen wird (Kombilager), ist nur ein Rahmenbewilligungsgesuch zu erstellen und einzureichen.
[5] Konzept zur frühzeitigen Einreichung von RBG-Referenzberichten an das ENSI; Arbeitsbericht NAB 19-48; Nagra, Wettingen, Dezember 2019
[6] https://www.nagra.ch/de/news/medienmitteilungdetail/nagra-plant-zwei-weitere-tiefbohrungen.htm
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