Titelbild: bis Gras aus den Mauern wächst
Und: “Der Bund denkt plötzlich daran, die AKW erst viel später vom Netz zu nehmen. Er befürchtet nach dem Abbruch der Verhandlungen mit der EU ein Stromimport-Problem.”
Laut Artikel im Tagesanzeiger hat der Bund mit den Betreibern der Kernkraftwerke Gespräche zur möglichen Verlängerung des Betriebs von 50 auf 60 Jahre aufgenommen. Gründe hierfür gäbe es offenbar hinreichend, von der in Frage gestellten Versorgungssicherheit aufgrund der annullierten Verhandlungen für ein Rahmenabkommen mit der EU, zu Zweifeln über die Machbarkeit des Ersatzes des Atomstroms durch erneuerbare Elektrizität. Dazu kämen von Betreiberseite Überlegungen zu wirtschaftlichen Aspekten (explizit: den finanziellen Vorteilen des Betriebs alter, amortisierter Anlagen). Und selbstverständlich wäre die ganze Operation an Sicherheitskriterien gebunden.
Wie nicht anders zu erwarten, sind die Reaktionen auf diesen Artikel zahlreich und oft virulent. Am 5. Juli um die Mittagszeit präsentierte der «Tagi» bereits 285 Leserbriefe. Dem möchten wir nochmals zwei Argumente zur nuklearen Sicherheit beifügen, welche eindeutig gegen eine Verlängerung des Betriebs sprechen:
- Unsere Energieministerin weist immer wieder darauf hin, dass der Bund die Betriebszeit der Kernkraftwerke nicht plane, sondern sich auf die Beurteilung der weiteren Betriebssicherheit durch das ENSI verlässt. Dabei übersieht sie allerdings, dass es keine wissenschaftlich anerkannte verlässliche Methode gibt, um die Restlebensdauer eines Atomreaktors vorauszusagen. Die Vorkommnisse in den Werken geben wohl gewisse Hinweise. Allerdings hat uns das ENSI auch gelehrt, dass es Fehler (Montagefehler, Unterhaltsfehler) teilweise jahrelang übersieht (unser Blog vom 5. Juli 2021). Und wie wir aus den AKW-Unfällen von Tschernobyl und Fukushima gelernt haben, sind schwere Katastrophen ohnehin nicht vorhersehbar. Das ENSI hat somit ein Mandat gefasst, welches gar nicht erfüllbar ist.
- Kernkraftwerke sind materiell nicht vollumfänglich überprüfbar, etwa weil gewisse Bereiche der Anlage für Messungen gar nicht zugänglich sind. Ausserdem sind experimentelle Tests der Reaktordruckgefässe nur so lange möglich, als noch bestrahltes Testmaterial zur Verfügung steht. Dies ist im Kernkraftwerk Beznau längst nicht mehr der Fall, sodass die «Prüfung» nur noch auf Computermodellen beruht. Und: Ob diese Modelle mit der Realität vergleichbar sind, bleibt eine offene Frage.
Wir kommen damit zum Schluss, dass die Verlängerung der Betriebsbewilligung der vier in der Schweiz noch laufenden Kernkraftwerke mit klaren Risiken verbunden sind, und diese Risiken mit jedem Jahr steigen. Dafür wird ohnehin niemand die Verantwortung übernehmen.
Und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle in dieser Geschichte? Die wird wohl weitere 10 Jahre (oder mehr) warten dürfen? Mit welchen Konsequenzen?
[1] https://www.tagesanzeiger.ch/schweizer-akw-koennten-zehn-jahre-laenger-laufen-454184609746
[…] Martina Matt (BUND-OG Murg-Laufenburg und Beisitzerin beim BUND-RV Hochrhein)Diesen Forderungen schließen wir uns an. Es darf nicht sein, dass durch den Brennelemente Export der deutsche Atomausstieg konterkariert wird.Weite Infos dazu findet Ihr unter: https://www.nuclearwaste.info/tagesanzeiger-vom-4-07-2021-schweizer-akw-koennten-zehn-jahre-laenger-… […]