Wird in der Schweiz einst ein geologisches Tiefenlager gebaut, so wird es gemäss Projektskizze der Nagra über einen Eisenbahntunnel (eine «Rampe“ mit Stollenbahn) und/oder einen Minenaufzug (Lift) bedient werden. Die Bewirtschaftung des Tiefenlagers wird ganz wesentlich von diesen Transportmitteln abhängen. Hier einige einfache (zu einfache?) Überlegungen zur Reise ins Tiefenlager.
Reisezeit Minenaufzug: Gehen wir von einem Lager in 800 m Tiefe aus. Minenaufzüge sind weltweit das üblichste Transportsystem von der Erdoberfläche zur Mine im tiefen Untergrund. Einer der längsten und raschesten Minenaufzüge befindet sich in der Mponeng Gold-mine in Südafrika. Er wurde im Jahr 1986 gebaut und fährt mit einer Geschwindigkeit von 18 m pro Sekunde[1]. Mit diesem Lift würde die Reise ins Tiefenlager weniger als eine Minute dauern. Aus Sicherheitsgründen würde man sicher etwas langsamer reisen, aber ein Abfallgebinde würde das Lager in jedem Fall in weniger als 5 Minuten erreichen. Zählt man Lade- und Entladezeit hinzu, so könnten pro Stunde wohl ohne weiteres zwei bis drei Abfallladungen in die Tiefe gefahren werden, was für eine 8-Stundenschicht etwa 20 Abfallladungen entspricht.

Abbildung: Lagerzugänge, https://www.nagra.ch/de/faktenblatt-heb
Reisezeit Stollenbahn: Ein Eisenbahntunnel (eine Rampe) könnte bei einer klassischen Auslegung als «Adhäsionsbahn» mit einem Gefälle von maximal etwa 4 % gebaut werden[2]. Die Rampe zum Tiefenlager hätte somit eine Länge von 20 km (Länge des Gotthard Autobahntunnels: 17 km). Aufgrund der spiralförmigen Trasse und der starken Neigung würde die Bahn wohl mit einer Geschwindigkeit zwischen 10 und 20 km pro Stunde zirkulieren, was einer Fahrzeit zwischen einer und zwei Stunden entspricht. Hin und zurück ergäbe dies 2 bis 4 Stunden. Entsprechend könnten bedeutend weniger Ladungen transportiert werden, als mit einem Aufzug.
Bauzeit Minenaufzug: Moderne Techniken erlauben den Vortrieb von Minenschächten mit grossen Durchmessern mit Geschwindigkeiten von bis zu 5 m pro Arbeitsschicht[3]. Die reine Vortriebszeit für einen 800 m tiefen Schacht betrüge damit nicht mehr als ein Jahr. Unter Berücksichtigung aller Ausbauten, Einbauten und Infrastrukturen, verlängert sich diese Zeit selbstverständlich.
Bauzeit Rampe und Stollenbahn: Beim neuen Gotthard-Autobahntunnel wird mit einer mittleren Vortriebsgeschwindigkeit von etwas mehr als 6 m pro Tag gerechnet. Für das kleinere Ausbruchsprofil der Zugangsrampe zum Tiefenlager kann man ev. mit etwas mehr rechnen, obwohl die wechselnden Gesteinstypen sicher zu technischen Schwierigkeiten führen werden. Bei 8 m Vortrieb pro Tag würde der Ausbruch bestenfalls 7 Jahre dauern, mit dem Ausbau wohl mindestens 10 Jahre.
Dieser einfache (und sicher unvollständige) Vergleich spricht Bücher. Er könnte auf die Frage der Bauzeit der Betriebs- und Lagerstollen ausgedehnt werden, auf die Baukosten und müsste selbstverständlich durch Sicherheitsbetrachtungen ergänzt werden. Der Entscheid ob das Tiefenlager durch Rampe oder Schacht betrieben werden sollte, ist in jedem Fall (auch unter Berücksichtigung der Betriebssicherheit) leicht zu beantworten.
[1] https://www.topmania.de/2018/05/10/top-10-die-laengsten-und-hoechsten-aufzuege-der-welt/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Steilstrecke
[3] https://www.herrenknecht.com/de/produkte/productdetail/schachtabsenkanlage-vsm/
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