Die Schweizer Regierung und Verwaltung ist organisiert in Funktion der grossen Themen und Aufgaben des Staates, erst auf dem Niveau der sieben Departemente (Ministerien), sodann durch die Aufteilung der Aufgaben auf Bundesämtern. Eines dieser Ämter ist das Bundesamt für Energie, angesiedelt im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, dem „Infrastruktur- und Umweltdepartement“ (https://www.uvek.admin.ch). Das Amt ist u.a. verantwortlich für zahlreiche Aufgaben im Bereich der Kernenergie; wir betrachten hier seine Aktivität in diesem Bereich etwas näher.
Aufgabenbereiche
Zu seinem allgemeinen Aufgabenbereich schreibt das BFE (https://www.bfe.admin.ch/org/):
„Das Bundesamt für Energie (BFE) ist das Kompetenzzentrum für Fragen der Energieversorgung und der Energienutzung im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).
Das BFE:
- schafft die Voraussetzungen für eine ausreichende, krisenfeste, breit gefächerte, wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung;
- sorgt für hohe Sicherheitsstandards bei der Produktion, dem Transport und der Nutzung von Energie;
- schafft die Rahmenbedingungen für einen effizienten Strom- und Gasmarkt sowie eine angepasste Infrastruktur;
- setzt sich ein für eine effiziente Energienutzung, für die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien sowie für die Senkung der CO2-Emissionen;
- fördert und koordiniert die nationale Energieforschung und unterstützt den Aufbau neuer Märkte für eine nachhaltige Energieversorgung und -nutzung.“ (https://www.bfe.admin.ch/org/)
Diese allgemeine Beschreibung nennt also Aufgaben im Bereich der wirtschaftlichen, nachhaltigen und verlässlichen Versorgung des Landes mit Strom und allenfalls Gas und die Förderung der CO2-freien Energieproduktion (der Begriff „Energie“ wird durch das Amt v.a. für elektrische Energie verwendet, also für etwa 25% der durch den Endverbraucher konsumierten Energie). Die Aufgaben des Amtes im Bereich der Kernenergie ergeben sich einerseits aus der Gesetzgebung, und andererseits daraus, dass das Amt die diesbezüglichen Geschäfte des verantwortlichen Departements betreut. Dies wird auf dem Internet Site wie folgt dargestellt:
„Aufgaben des BFE
Das Bundesamt für Energie BFE erfüllt wesentliche Aufgaben beim Vollzug der Kernenergiegesetzgebung. Es bereitet Bewilligungsentscheide für Kernkraftwerke, Forschungsreaktoren und Lager für radioaktive Abfälle zuhanden des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, des Bundesrats und des Parlaments vor und bearbeitet alle Rechtsfragen in diesem Bereich.
Das BFE erarbeitet die Grundlagen für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle und führt das Sekretariat der Arbeitsgruppe des Bundes für die nukleare Entsorgung (AGNEB). Zentrale Aufgabe des BFE ist die Umsetzung des Sachplans Geologische Tiefenlager und die Leitung des Standortauswahlverfahrens.
Weiter erteilt es Bewilligungen für Transporte von Kernbrennstoffen und radioaktiven Abfällen und es ist verantwortlich für den Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen über die Sicherstellung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten. Dem BFE obliegen zudem die nationale Kernbrennstoffkontrolle und -buchhaltung sowie weitere Aufgaben, welche sich aus bilateralen und multilateralen Verpflichtungen der Schweiz in den Bereichen Kernbrennstoffkreislauf und Exportkontrolle nuklearer Güter ergeben.
Die sicherheitstechnische Aufsicht der schweizerischen Kernanlagen wird durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI), einer selbstständigen, öffentlich-rechtlichen Anstalt des Bundes, wahrgenommen.“
https://www.bfe.admin.ch/themen/00511/00512/index.html?lang=de#
Die nukleare Sicherheit im Rahmen der Tätigkeit des BFE
Die obige Aufzählung nennt v.a. administrative Aufgaben, namentlich in Bewilligungsverfahren. Seit der Schaffung des Eidgenössischen Nuklearen Sicherheitsinspektorats (ENSI), liegt die Sicherheitsüberwachung der Kernanlagen beim Inspektorat. Allerdings ist diese Aufgabenteilung nicht voll eingehalten, indem gewisse Aufgaben und Tätigkeiten des Amtes sehr wohl für die Sicherheit der Bevölkerung relevant sind:
- Das Amt verfügt über eine eigene Sicherheitskommission, nämlich die Kommission für Nukleare Sicherheit (KNS), ein kleines technisches Gremium externer Experten. Dieses ersetzte im Jahr 2008 die ehemalige Eidgenössische Kommission für die Sicherheit der Kernkraftwerke (KSA), welche als eigentliche Zweitmeinung in Fragen der Sicherheit der Kernanlagen wirkte. Die Reduktion der Sicherheitskommission war durch das Parlament abgesegnet worden.
- Ausserdem bereitet das Amt die Wahl des ENSI-Rates vor, welcher die Sicherheitspolitik der Agentur definiert und die Direktion auswählt.
Hinter den beiden oben genannten Punkten versteckt sich allerdings mehr, als man gemeinhin denken könnte. Als Illustration: Bis und mit 2008 zählte die Sicherheitskommission stets auch der Kernkraft kritisch gestimmte Mitglieder in ihren Reihen. Seither wurden sowohl die Kommission, wie auch der ENSI-Rat mit Personen besetzt, welche der Nutzung der Kernkraft freundlich gesinnt sind, oder sich dazu nicht äussern[1]. Auch die Direktion des ENSI bekennt sich offen zu seiner vertraulichen Zusammenarbeit mit den Kernkraftwerken[2]. Damit ist nur noch etwa die Hälfte der Bevölkerung in den Sicherheitsgremien vertreten, was sowohl für die Sicherheit der Werke, als auch für den Dialog um Nutzung und Ende der Kernkraft in der Schweiz abträglich ist. Sicher ist das BFE nicht alleine für diesen Zustand verantwortlich, hat doch der Bundesrat das letzte Wort bei Wahlen. Durch die Verbannung sogenannt „kritischer“ Experten verzichtet die zuständige Bundesrätin (im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Moritz Leuenberger), auf diese zusätzliche Sicherheit.
- Wichtig bezüglich der Langzeitsicherheit ist für die Bevölkerung die nukleare Entsorgung und somit die Tätigkeit des BFE im Rahmen des Sachplans Geologische Tiefenlager, mit welchem Lagerstandorte für alle Kategorien von radioaktiven Abfällen gesucht werden. Um dieser Aufgabe nachzukommen, hat das BFE ein kleines Team aufgebaut. Der Sachplan wurde in den Jahren 2006 und 2007 formuliert und im Jahr 2009 in Kraft gesetzt. Nun zeigte sich allerdings im Verlaufe der Zeit, dass das Amt seiner Funktion in keiner Weise gewachsen ist. Hinweise hierfür sind etwa folgende:
- Die NAGRA schrieb bereits am Konzept zum Sachplan mit. Sie gab sich also politische Vorgaben zur nuklearen Entsorgung gleich selbst. Störend daran ist auch, dass diese Beeinflussung nicht von Beginn weg durch das BFE kenntlich gemacht, sondern durch die Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen entdeckt (unser Beitrag vom 15. Juli 2015) und nachträglich vom wissenschaftlich-technischen Direktor der Nagra bestätigt wurde.
- Sehr früh (ab 2008) zeigte sich, dass der im Sachplan vorgegebene Zeitplan unrealistische war (Buser 2011[3]). Nach dieser Erkenntnis wurde allerdings die Zeitplanung nicht etwa realistischer durchdacht, sondern die Fristen wurden ohne vertiefte Überlegung willkürlich verlängert.
- Im Jahr 2011 erarbeitete die NAGRA eine Strategie zur Abkürzung des Sachplanverfahrens. Das Dokument wurde unter dem Aktenzeichen AN 11-711 via Marcos Buser publik[4]. Und trotz einer autoritären Erklärung des Direktors des BFE und dem Versprechen, die Entsorgungsorganisation an die „Kandare zu nehmen“, wurden die Standortvorschläge der NAGRA aus dem Jahr 2011 als Resultat der Etappe 2 des Sachplans im Jahr 2015 beim Bund eingereicht.[5] Ohne Reaktion des BFE. Ohne Kandare (unser Beitrag vom 1. Juli 2015).
Grundsätzlich leidet das Sachplanverfahren an verschiedenen Schwachpunkten, von welchen insbesondere folgende Aufmerksamkeit verdienen (siehe auch den Anhang):
- Das Sachplanverfahren ist ein administratives Verfahren nach Raumplanungsgesetz. Im Gegensatz hierzu ist die Standortsuche für ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle in erster Linie ein wissenschaftliches Problem. Das Sachplanverfahren versucht dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die Platzierung der Oberflächenanlagen der Lager für radioaktiven Abfälle nach Raumplanungsgesetz erfolgt, die eigentlichen Lagerstandorte aber den Anforderungen des Kernenergiegesetzes genügen müssen. Aus dieser Aufteilung resultiert eine Erhöhung der Lagerrisiken, da nach dem Rezept der Nagra die Oberflächen- und die Tiefenanlagen durch lange Anfahrttunnels (sogenannte Rampen) verbunden werden müssen.
- Aus der Anwendung unterschiedlicher Gesetzgebungen resultieren auch unterschiedliche Bewilligungsverfahren und die Möglichkeit unterschiedlicher Entscheidungen zwischen dem Rahmenbewilligungsverfahren (eidgenössisches Verfahren mit Referendum) und dem Verfahren nach Raumplanungsgesetzgebung (v.a. kantonales Verfahren mit Vorschlags- und Vetorecht des Bundes).
- Für die Standortsuche nach Kernenergiegesetz sind heute einzig die Abfallproduzenten, also die Betreibergesellschaften der Kernkraftwerke und ihre Entsorgungsorganisation Nagra verantwortlich. Der Bund und das BFE haben in diesem Bereich keine hierarchische Handhabe um das Verfahren zu leiten. Der BFE Direktor kann also entgegen seiner Aussagen die Nagra nicht „an die Kandare nehmen“. Die einzige legal vorgesehene Einflussnahme des Bundes ist jene als Genossenschafter der Nagra (Bundesamt für Gesundheit) zur Entsorgung der Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung (sog. „MIF-Abfälle“). Sodann hat der Bund erst im Rahmen von Bewilligungsverfahren, also etwa dem Rahmenbewilligungsverfahren eine effektive Rolle als Autorität über die Abfallproduzenten und deren Nagra.
- Das Sachplanverfahren ist nicht formell mit dem Entsorgungsprogramm nach Kernenergiegesetz verbunden. Daraus entstehen Divergenzen bei der zeitlichen Koordination zwischen technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen und dem administrativen Ablauf des Sachplanverfahrens.
- Aus den oben aufgeführten Divergenzen resultieren schlussendlich die bereits erwähnten Verzögerungen in der nuklearen Entsorgung und der Verlust über deren Kosten.
„Entweder misten wir jetzt aus, oder wir bleiben im Mist stecken“ (F. Dürrenmatt, 1954)[6]
Die Amtsführung des BFE im Bereich der Kernenergie erklärt sich teilweise aus dessen Geschichte. Zu Zeiten des früheren Direktors Edi Kiener („Atom-Edi“) wirkte das Amt noch klar als Atom-Förderungsinstitut. Und viel hat sich offenbar seither in gewissen Köpfen nicht geändert. Anders kann man sich viele Handlungen des Amtes kaum erklären. Auch die gegen Marcos Buser nach seiner Kritik am Sachplanverfahren eingeleitete Verleumdungskampagne[7] weist in dieselbe Richtung .
Ein weiterer Grund für die Schwierigkeit beruht sicher auf der Orientierung des Departements, dessen Generalsekretariat und der Departementsvorsteherin. Schwerlich hätte man sich den Zuzug einer externen Beratungsfirma in der Art der PR-Firma Hirzel Neef Schmid und ihres Mitarbeiters D. Reber unter Bundesrat Moritz Leuenberger vorstellen können. Dass verdeckte Aktionen wie jene des anonymen Briefs von M. Aebersold just im ehemaligen Departement des Aufklärers des Fichenskandals und noch durch Sozialdemokraten erfolgen, ist besonders bedauernswert.
Befremdend wirkt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das Bundesamt für Energie seit Jahrzehnten (1977-2016?) durch aktive Mitglieder der SP geleitet wird; es ist ein eigentliches SP-Bundesamt. Was haben aber diese SP-Mannen (und –Frauen?), namentlich im Bereich der nuklearen Sicherheit, aus diesem Amt gemacht? Mit mageren Leistungen und schmutzigen Irrwegen profiliert sich das BFE als Intrigen-Institution, wo man Kritiker lieber verfolgt, als sich mit ihren Argumenten auseinander zu setzen[8]. Oder sind vielleicht die anstehenden Fragen für die Mitarbeiter des Amtes einfach zu kompliziert? Auf jeden Fall: ein Armutszeugnis für die SP.
Dass die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Sachplans im Amt zu Frustrationen führen, versteht sich. Die Überforderung des Amts ist unterdessen allen Beteiligten und Betroffenen klar und ist allen Institutionen im Bereich der nuklearen Entsorgung, wie auch den am Sachplanverfahren beteiligten Kantonen und Regionen bekannt. Offensichtlich war das bisherige Rezept, nämlich auf Kritik und Anregungen mit Taubheit, Verdrängung und Repression zu reagieren nicht erfolgreich. Es sieht sogar so aus, als würde der Sachplan in die Mauer gefahren (siehe Anhang).

In Anbetracht der Tatsache, dass bis heute alle Anregungen für gütliche Lösungen im Hinblick auf die sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle an den zuständigen Behörden und der Entsorgungsorganisation abgeperlt sind: Welche Lösung, welcher Ausweg aus diesem Schlammassel? Ein Theaterstück von Friedrich Dürrenmatt 5 zeigt, dass dieser bekannte Autor bereits über Ähnliches nachgedacht hatte. Und hier seine – etwas gekürzte – Antwort (Abbildung 1 zur Erläuterung):
- „Vierter: Es soll Länder geben, wo der Mist nicht so hoch ist.
- Die Andern: Bei uns ist er aber so hoch.
- Augias mit der Glocke: Ruhe!“ (S. 232)
- „Erster: Gegen das Schicksal kann man nichts machen.
- Alle: Nichts!
- Zweiter: Die Götter wollen es so.
- Die Andern: Die Götter.
- Augias mit der Glocke: Ruhe!
- Zehnter: Vielleicht sollte man nachdenken!
- Siebenter: Wie macht man das?
- Alle: Keine Ahnung.
- Augias mit der Glocke: Ruhe!“ (S.233)
- „Vierter: Entweder misten wir jetzt aus, oder wir bleiben im Mist stecken.
- Alle: stecken.
- Augias mit der Glocke: Ruhe!“
- „Augias: Doch es ist ein Unterschied, ob wir nur ein wenig oder ob wir radikal ausmisten. Wenn wir nur ein wenig ausmisten, so steht der Mist übers Jahr wieder so hoch wie er jetzt steht, ja noch höher, bei der Menge die wir produzieren. Wir müssen deshalb radikal ausmisten.
- Alle: Radikal.
- Fünfter: Ran an den Mist!“ (S.235).
Eine wahrlich herkulanische Aufgabe!
Nun, vielleicht wird sich das Problem ein wenig von selbst regeln: Der heutige Direktor geht im Herbst 2016 in Pension und der zuständige Sektionschef könnte im November 2016 durch Wahlzettel in die Berner Stadtregierung befördert werden! Der Generalsekretär des UVEK hat sich bereits eine Karrieresprosse weiter nach oben abgesetzt, und der Vizedirektor das BFE bereits verlassen. Und die Departementschefin soll laut Gerüchten nur noch das Jahr 2017 bis zum Rücktritt abwarten. Ob das aber genügt, oder die radikalere Version der dürrenmattschen Geschichte erforderlich wird, wird sich wohl bald weisen.
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Anhang : Kritik und Verbesserungsvorschläge zum Sachplan geologische Tiefenlager, Punkte welche den Bundesbehörden vorgelegt wurden, Entwicklung bis Frühjahr 2016
- Integrale Planung Zeitpläne
Kritik: “Die KNS hat – wie bei grossen Entsorgungsprojekten üblich – stets eine integrale Planung des gesamten Sachplanverfahrens gefordert. Das BFE hat dies abgelehnt und an der etappenweisen Planung festgehalten. Dies hat – zusammen mit anderen Faktoren – zu einer unrealistischen Zeitplanung geführt, unter deren Eindruck wichtige, sicherheitsrelevante Prozessschritte wie z.B. geologische Messungen gestrafft oder sogar ausgelassen wurden.”
Beleg: Bericht INA (2011): Erfahrungswerte bei der Planung und Umsetzung des Sachplans und Realisierungsplans geologische Tiefenlager und Planungsgrundlagen für das weitere Vorgehen, zuhanden Eidg. Kommission für nukleare Sicherheit, Version 5, September 2011, www.bfe.admin.ch/php/modules/publikationen/stream.php?…de…
Entwicklung: Eingetroffen; 2014: Nagra (Januar 2014) und später BFE (April 2014) kündigen Zeitanpassungen an (Newsletter Tiefenlager Nr. 12). Begründung: „Seither haben die Erfahrungen gezeigt, dass diese Annahme zu optimistisch war – vor allem wegen der Komplexität und dem Pioniercharakter des Verfahrens sowie der sinnvollen aber aufwändigen Mitwirkung der Kantone“. Kein Wort von den seit Januar 2008 relgelmässig vorgebrachten Warnungen.
- Lagerkonzept
Kritik: „Die NAGRA hat aus wirtschaftlichen Überlegungen kein genuines Lagerkonzept für Ton als Wirtsgestein entwickelt, sondern bestehende Konzepte für kristallines Gestein (wie es etwa in Skandinavien entwickelt wurde) auf Tongestein übertragen. Dabei wurden – ebenfalls aus wirtschaftlichen Überlegungen – lange horizontale Lagerstollen sowie ein für Schienenfahrzeuge geeigneter flacher Zugangsstollen favorisiert. Im Nachhinein zeigen nun Experimente am Mont Terri, dass die langfristige Stabilität von solchen Stollen im Tongestein – und damit die Rückholbarkeit des Lagerinhaltes – in Frage gestellt ist.“
Entwicklung: Eingetroffen; die in den Stellungnahmen der KNS zum Sachplan (KNS 2010, 2011) festgehaltenen Empfehlungen zur Entwicklung anderer Lagerkonzepte sind weiterhin nicht umgesetzt. Belege siehe unten *.
- Forschung
Kritik: „EKRA und KSA hatten seinerzeit gefordert, die Forschung aus der NAGRA herauszulösen. In der Folge übernahm das BFE die Federführung der sozio-ökonomischen, das ENSI jene der naturwissenschaftlich-technischen Forschungsprogramme. Anders als ursprünglich beabsichtigt, wurden letztere aber nicht durchgängig ausgeschrieben. Vielmehr wurden wichtige Fragen im Rahmen von „Hearings“ behandelt, wobei der NAGRA wiederum ein überproportionales Gewicht zufiel. M. Buser erklärt, über Indizien zu verfügen, die nahelegten, dass diese Praxis infolge einer Intervention der NAGRA beim ENSI gewählt wurde.“
Entwicklung: Eingetroffen, Schwachstelle besteht weiterhin; keines der „Forschungs“-Projekte des ENSI zu Fragend er Lagerauslegung wurden ausgeschrieben. Umfassende Forschungsprojekte zu diesem Thema stehen weiterhin aus (ausgewiesene Forschungsberichte in den Jahresberichten der Agneb).
- Oberflächenanlagen
Kritik: „Die Festlegung eines Standorts für die Oberflächenanlagen – noch dazu in grundwassersensiblen Zonen –, bevor die Lage des geologischen Tiefenlagers geklärt ist, widerspricht dem Prinzip, wonach Sicherheitsaspekten die oberste Priorität.“ Vorschlag Nagra im Bericht NTB 11-01 (Dezember 2011), siehe Nagra web-Seite.
Entwicklung: Eingetroffen; Kantone verlangten eine Neu-Platzierung der Oberflächenanlagen, die Standorte der Anlagen mussten neu festgelegt werden (AG SiKa/KES 2012)*
- Qualitätssicherung
Kritik: „Es fehlt beim BFE ein taugliches Instrument zur Qualitätssicherung des Verfahrens – nicht im Sinne von ISO-Audits, sondern zwecks Identifizierung von ‚black swans’ “.
Entwicklung: Eingetroffen, Schwachstelle besteht weiterhin; keine inhaltliche Qualitätssicherung des Verfahrens und der Prozesse.
- IRRS-Mission
Kritik: „Im Schlussbericht sind Aussagen zur KNS enthalten, die die Haltung der KNS nur ungenügend widerspiegeln, aber einer Präferenz von ENSI und NAGRA entsprechen. Offenbar haben sich ENSI und NAGRA in mehreren bilateralen Gesprächen für eine Unterstellung der KNS unter das ENSI ausgesprochen, was mit ihren Rollen nicht vereinbar war.“
Entwicklung: Eingetroffen; Kritik im UVEK-Bericht nicht abgeklärt, befürchtete Entwicklung eingetroffen das ENSI beurteilt Sicherheit abschliessend.
- Standortauswahl
Kritik: In der Aktennotiz AN11-711 der Nagra (Oktober 2011), Folie 13, eingeengte Standortgebiete: Zürcher Weinland (Zürich Nord-Ost ZNO) und Bözberg (Jura Ost JO), siehe https://www.nagra.ch/display.cfm/id/101675.
Entwicklung: Eingetroffen; Eingrenzungsvorschläge der Nagra im Dezember 2014: Zürcher Weinland (Zürich Nord-Ost ZNO) und Bözberg (Jura Ost JO): Deckungsgleichheit der ausgewählten Standorte trotz Beteuerungen, es seien keine Vorentscheide gefallen (siehe https://www.nagra.ch/de/news/medienmitteilungdetail/nagrastellungnahmeundprzisierungenzumberichtdersonntagszeitungvom7oktober2012.htm). Walter Steinmann, Direktor BFE, Newsletter
[1] Bis 2012 war Marcos Buser Mitglied der KNS. Nachdem seine Einsprüche zu Fragen der Transparenz der Prozesse und der Mängel im Sachplan Geologische Tiefenlager durch die Behörden zurückgewiesen wurden, verliess er die Kommission. Er war das letzte “kritische” Mitglied. Buser wurde darauf durch das BFE scharf angegriffen und öffentlich verleugnet. Seither haben sich allerdings alle Kritiken von M. Buser bestätigt, namentlich Analysen bzgl. Zeitplan, aber auch zum Auswahlverfahren und den Kosten der nuklearen Entsorgung (siehe Anhang).
[2] https://www.infosperber.ch/Politik/ENSI-Chef-nennt-Atom-Filz-Professionalitat
[3] Buser, M. 2011 : Erfahrungswerte bei der Planung und Umsetzung des Sachplans und des Realisierungsplans geologische Tiefenlager und Planungsgrundlagen für das weitere Vorgehen
[4] NAGRA 2011: Aktennotiz 11-711: „Explorationsstrategie 2012“, Sonntagszeitung vom 7. Oktober 2012.
[5] NAGRA 2015: Die Nagra schlägt die Standortgebiete Zürich Nordost und Jura Ost für weitere Untersuchungen vor, Nagra info 44 / Februar 2015.
[6] F. Dürrenmatt 1954 : Herkules und der Stall des Augias. Arche. Zitat aus : Dürrenmatt, Friedrich (1991): Gesammelte Werke, Band 2, Stücke, Diogenes.
[7] https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/AKW-Nagra-Ensi-BFE
https://www.derbund.ch/bern/nachrichten/PRAuftrag-nicht-eingefaedelt-Aebersold-rechtfertigt-sich/story/23827288
[8] https://www.weltwoche.ch/ausgaben/2016-4/artikel/gesucht-das-gegenteil-die-weltwoche-ausgabe-42016.html
https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/BFE-Nagra-PR-Agentur
https://www.infosperber.ch/Politik/Bundesamt-fur-Energie
Erfolgszwang untergräbt Wissenschaftlichkeit
Ohne «Gewährleistung einer sicheren Endlagerung» hätte den laufenden AKW die Betriebsbewilligungen entzogen werden müssen. Das erhebliche wirtschaftliche und politische Gewicht der Strombranche führte dazu, dass die Anforderungen an den Nachweis soweit reduziert wurden, dass er als „erbracht“ gelten konnte. Dieser Geburtsschaden prägte die ganze bisherige Entwicklung der Atommüll-Frage.
Wissenschaftlichkeit kaschiert voreingenommenheit
Auffallend stark betont wird die Wissenschaftlichkeit der NAGRA-Leute. Es wird an das Vertrauen auf ihr kumuliertes Expertenwissen appelliert. Und die Materie ist ja derart schwierig, dass Politik und Verwaltung auf den Beizug von Fachleuten angewiesen sind. Diese Top-Experten haben eine berufliche Karriere in ihrem Fachgebiet gemacht. Sie identifizieren sich persönlich mit ihrer Branche, die ihnen den erfolgreichen Status gebracht hat. ENSI, NAGRA und die Betreiber gehören zur gleichen Zunft. Deshalb kann ihre Haltung keine neutrale sein, denn sie beruht auf einer grundsätzlich positiven Voreingenommenheit. Die hochqualifizierten Fachleute sind „mit Leib und Seele“ dabei. Es fehlt ihnen die nötige Distanz, um die Kernspaltungstechnologie als tragische Fehlentwicklung zu erkennen, welche die physische Existenzgrundlage unserer Nachkommen gefährdet, je mehr radioaktives Material sie anhäuft.
Kontrollbehörden unterwandert
Wenn der Lead innerhalb der Kontrollorgane bei den Fachleuten liegt, folgt daraus eine
Expertokratie. Dies ist nicht das Resultat einer böswilligen Planung, es handelt sich eher um ein religiöses Phänomen: Die Unwissenden vertrauen den Priestern, die dank höheren Weihen – in diesem Fall Ausbildung und Prestige innerhalb der Branche – wissen was Sache ist. Der Glaube an die Wissenschaft, an das Wachstumsdogma und an die Beherrschbarkeit der Natur ist eine säkulare Form von Religiosität, welche die Bereitschaft auch zu grossen Opfern zur Erreichung des Heils einschliesst. Darum können selbst Katastrophen die Gemeinde der Gläubigen nicht erschüttern.
Was hilft? Aufklärung und Kritik!
Esiste una forma di smaltimento nucleare che è strutturalmente semplice, sicuro,
con costo moderato e sopratutto non alimenta la paura prodotta fra le genti dalla
maldestra speculazione dei soliti furbi.